Verkehrsstrafrecht: Zum EU-Fahrerlaubniserwerb während gesetzlicher Sperrfrist

bei uns veröffentlicht am21.08.2009

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
OLG Bamberg vom 24.07.07 - Az: 3 Ss 132/06 - Rechtsanwalt für Strafrecht - Verkehrsstrafrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Das OLG Bamberg hat mit dem Urteil vom 24.07.2007 (Az.: 3 Ss 132/06) folgendes entschieden:

Art. 8 II und IV der Richtlinie 91/439/EWG verfolgen den Zweck, den Mitgliedstaaten die Anwendung ihrer nationalen, u.a. auf innerstaatlichem Verwaltungsrecht beruhenden Vorschriften über eine befristete Beschränkung, Entziehung oder Aufhebung der Fahrerlaubnis zu ermöglichen. Der Bundesrepublik Deutschland ist es deshalb nicht verwehrt, die Anerkennung der Gültigkeit einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis so lange zu verweigern, so lange eine den Entzug einer zuvor erteilten inländischen Fahrerlaubnis flankierende (gesetzliche) Sperrfrist nach §§ 4 III 1 Nr. 3 i.V. mit X 1 StVG noch nicht abgelaufen ist. § 28 IV FeV schränkt die Berechtigung des Inhabers einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ein, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen. Auf den rechtlichen Bestand der EU-Fahrerlaubnis selbst hat die Norm keinen Einfluss. Für die Frage der Strafbarkeit nach § 21 StVG ist in zeitlicher Hinsicht entscheidend, ob der Inhaber einer nach der die Entziehung der inländischen Fahrerlaubnis anordnenden Entscheidung erworbenen EU-Fahrerlaubnis (hier: Tschechische Republik) von dieser während oder nach Ablauf der inländischen Sperrfrist Gebrauch macht; eine Strafbewehrung nach § 21 StVG für zeitlich erst nach Ablauf einer inländischen Sperrfrist liegende Fahrten scheidet aus.


Tatbestand:

Der Angekl., ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, fuhr am 28.11.2005 mit einem PKW am Grenzübergang S. zur Einreise in das Bundesgebiet vor. Die Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE war ihm mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid des LRA H. vom 13.12.2004, bestandskräftig seit dem 07.03.2005, nach § 4 III 1 Nr. 3 StVG entzogen worden. Am 03.03.2005 erwarb der Angekl. in der Tschechischen Republik die Fahrerlaubnis der Klasse B.

Das AG hat den Angekl. vom Vorwurf des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aus Rechtsgründen freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Sprungrevision der StA erwies sich als (vorläufig) erfolgreich.


Entscheidungsgründe:

Das AG hat rechtsfehlerhaft die Anwendbarkeit des § 4 X StVG verneint und daher nicht geprüft, ob der Angekl. die verfahrensgegenständliche Fahrt innerhalb oder erst nach Ablauf der Frist des § 4 X 1 StVG vorgenommen hat.

Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die - wie der Angekl. - ihren ordentlichen Wohnsitz i.S. von § 7 I FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen in Umsetzung der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.07.1991 gem. § 28 I 1 FeV, vorbehaltlich der Einschränkungen nach § 28 II bis IV FeV, im Umfang ihrer Berechtigung Kfz. im Inland fahren.

Zwar war der Angekl. im Tatzeitpunkt Inhaber einer gültigen tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse B, jedoch berechtigte ihn diese dann nicht zum Führen von Kfz. im Inland (§ 28 IV Nr. 3 FeV), wenn er zu diesem Zeitpunkt auf Grund des Bescheides des LRA H. vom 13.12.2004 die deutsche Fahrerlaubnis noch nicht abgegeben hatte oder die Frist des § 4 X 1 StVG noch nicht abgelaufen war.

Gemäß § 28 IV Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 I FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen, bestandskräftig versagt oder nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Andererseits ist § 28 IV Nr. 3 FeV im Hinblick auf höherrangiges europäisches Recht (Richtlinie 91/439/EWG) im Wege der richtlinienkonformen Auslegung hinsichtlich seines tatbestandlichen Anwendungsbereiches eng auszulegen. Jedoch steht diese restriktive Auslegung der Anwendung des § 4 X StVG im vorliegenden Fall nicht entgegen: Art. 8 II und IV der Richtlinie 91/439/EWG verfolgen den Zweck, den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Vorschriften über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden. Die Berufung eines Mitgliedstaates auf diese als Ausnahmebestimmungen eng auszulegenden Regelungen darf aber nicht dazu führen, dass einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis versagt wird, die ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt wird. Demgegenüber ist es dem Mitgliedstaat nicht verwehrt, die Anerkennung der Gültigkeit einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis zu verweigern, wenn zusätzlich zu der Maßnahme des Entzugs einer vorher von ihm erteilten Fahrerlaubnis eine damit einhergehende Sperrfrist noch nicht abgelaufen ist.

§ 4 X 1 StVG, der eine Frist von „frühestens sechs Monaten“ für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und damit eine Sperrfrist in diesem Sinne festlegt, ist unmittelbar und nicht nur analog – wie das AG meint – anwendbar. Aus Art. 8 III und IV der Richtlinie 91/439/EWG, die neben dem straf- auch auf das polizeirechtliche Territorialitätsprinzip verweisen, ergibt sich, dass die Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis unter Berufung auch auf innerstaatliches Verwaltungsrecht über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis verweigert werden kann, wenn sie in einer zeitlich befristeten Beschränkung, Entziehung oder Aufhebung der Berechtigung zum Führen von Kfz. besteht. Um eine solche verwaltungsrechtliche Vorschrift handelt es sich bei § 4 X StVG.

Unerheblich ist demgegenüber, dass der Angekl. die tschechische Fahrerlaubnis zwar nach Erlass des Bescheides des LRA H., aber noch vor dessen Bestandskraft und vor Ablauf der Sperrfrist des § 4 X 1 StVG erworben hat. Zwar war im Gegensatz zu dem hier zu beurteilenden Fall die Erteilung der EU-Fahrerlaubnis in den vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fällen ‚Kapper’ und ‚Halbritter’ - nach Entzug der inländischen Fahrerlaubnis und Anordnung einer Sperrfrist auf Grund einer strafgerichtlichen Entscheidung gem. §§ 69, 69a StGB - erst nach Ablauf der angeordneten Sperrfrist erfolgt. Auch war im Fall ‚Kremer’ die EU-Fahrerlaubnis nach Entzug der deutschen Fahrerlaubnis und bestandskräftiger Ablehnung der Neuerteilung jeweils durch Verwaltungsakt erteilt worden. Jedoch führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn § 28 IV FeV schränkt nur die Berechtigung des Inhabers einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ein, im Inland Kfz. zu führen. Auf den rechtlichen Bestand der EU-Fahrerlaubnis selbst hat diese Norm keinen Einfluss. So regelt auch Art. 8 IV der Richtlinie 91/439/EWG nicht die Wirksamkeit einer von einem Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis, sondern nur die Anerkennung ihrer Gültigkeit durch einen anderen Mitgliedstaat. Dementsprechend ist die entscheidende und in der Rechtsprechung zu Art. 8 II und IV der Richtlinie 91/439/EWG durchgängig enthaltene Aussage des Europäischen Gerichtshofs, dass der Aufnahmestaat zwar während des Laufs einer Sperrfrist die Anerkennung der Gültigkeit einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten EU-Fahrerlaubnis versagen kann, dass er aber nicht befugt ist, die Ausstellungsbedingungen erneut zu überprüfen oder gar die Erfüllung der Bedingungen zu fordern, die im Aufnahmestaat für die Neuerteilung einer inländischen Fahrerlaubnis nach deren Entzug bestehen, und damit die EU-Fahrerlaubnis selbst in Frage zu stellen. Auf den Zeitpunkt der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis kommt es daher, jedenfalls soweit er – wie hier - nach der die Entziehung der inländischen Fahrerlaubnis anordnenden Entscheidung liegt, nicht an. Ob mit Rücksicht auf die Regelungen der §§ 69 b I und II StGB, 47 II FeV die Fälle, in denen der Betroffene im Besitz einer bereits vor der entziehenden Maßnahme ausgestellten EU-Fahrerlaubnis ist, anders zu beurteilen wären (vgl. § 28 V FeV), braucht hier nicht entschieden zu werden.

Eine Vorlagepflicht gem. Art. 234 I lit. b i.V. mit III EGV besteht nicht. Wie oben ausgeführt, hat der Europäische Gerichtshof in den genannten Entscheidungen dargelegt, dass während des Laufs einer Sperrfrist eine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis die Anerkennung der Gültigkeit versagt werden kann.

Ebenso scheidet eine Vorlage an den BGH nach § 121 II GVG aus.

Die Sache bedarf insbesondere zu Dauer und Lauf der Sperrfrist des § 4 X StVG ergänzender Feststellungen und gegebenenfalls neuer rechtlicher Beurteilung. Daher ist das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des AG zurückzuverweisen (§§ 349 V, 353 I und II, 354 II 1 StPO).

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.