Sozialversicherungsbeiträge: Anrechnungsregelung bei nicht vollständiger Zahlung

bei uns veröffentlicht am05.04.2007

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
(OLG Oldenburg, 8 U 344/05) Rechtsberatung zum Wirtschaftsrecht, Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht: BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Zahlt ein Arbeitgeber nicht alle geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge, so ist von einer stillschweigenden Bestimmung dahin auszugehen, dass zunächst auf die fälligen Arbeitnehmeranteile geleistet werden soll.

Mit dieser Entscheidung bewahrte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg einen GmbH-Geschäftsführer vor einer persönlichen Zahlungsverpflichtung von ca. 90.000 EUR. Während einer Krise der GmbH war es zu einem Rückstand bei der Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge gekommen. In den kommenden Monaten leistete der Geschäftsführer jeweils wieder die vollen fälligen Zahlungen. Der Sozialversicherungsträger verrechnete diese Zahlungen jedoch zunächst in voller Höhe mit dem alten Rückstand. Für die durch diese Verrechnungsweise nicht bedienten aktuellen Arbeitnehmeranteile nahm er später den Geschäftsführer in die persönliche Haftung.

Die angestrengte Zahlungsklage wies das OLG jedoch zurück. Der Sozialversicherungsträger sei nicht berechtigt gewesen, die geleisteten Beiträge nicht auf die aktuell fälligen Arbeitnehmeranteile, sondern auf die rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge anzurechnen. Grundsätzlich könne der Arbeitgeber selbst bestimmen, welche Schuld getilgt werden solle. Treffe er keine Bestimmung, müsse auf seinen mutmaßlichen Willen und seine Interessenlage abgestellt werden. Es sei offensichtlich, dass er sich nicht einer persönlichen Haftung oder einer Strafbarkeit wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelten aussetzen wolle. Dies könne er durch Anrechnung der Zahlung auf gerade fällig werdende Arbeitnehmerbeiträge abwenden. Die vom Sozialversicherungsträger vorgenommene Verrechnung begründe dagegen gerade die persönliche Haftung (OLG Oldenburg, 8 U 344/05).

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.