Nachbarrecht: Kein Anspruch auf Entfernung optisch störender Schornsteinköpfe

bei uns veröffentlicht am25.02.2011

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für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Ein Hauseigentümer hat keinen Anspruch darauf, dass die ihn aus optischen Gründen störenden Schornsteinköpfe seines Nachbarn entfernt werden - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Ein Hauseigentümer hat keinen Anspruch darauf, dass die ihn aus optischen Gründen störenden Schornsteinköpfe seines Nachbarn entfernt werden.

Mit dieser Entscheidung sprach das Landgericht (LG) Köln ein Machtwort im Streit zweier Nachbarn. Der eine fühlte sich durch die Schornsteinköpfe des anderen beeinträchtigt. Dies schmälere den Ausblick von seiner Dachterrasse. Mit seiner Forderung auf Beseitigung stieß er vor Gericht jedoch nicht auf Gehör. Die Richter befanden vielmehr, dass die Aussicht von der Terrasse nur in einem relativ kleinen Teilbereich eingeschränkt sei. Ein massiver Wertverlust des Nachbarhauses - so wie behauptet - ergebe sich daraus aber nicht. Da die Schornsteinköpfe auch geschmackvoll gestaltet seien, bestehe keine unzumutbare Beeinträchtigung. Eine solche sei aber erforderlich, wenn ausnahmsweise die Eigentümerrechte des Nachbarn an dem Schornstein eingeschränkt werden sollten. Grundsätzlich stehe es diesem nämlich frei, ob er an seinem Haus einen zusätzlichen Kamin anbaue (LG Köln, 10 S 40/10).


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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

4
2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), und zwar auch nicht deshalb (dazu: Senat, BGHZ 151, 221, 227; Beschl. v. 23. Oktober 2003, V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368; Beschl. v. 13. Mai 2004, V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217), weil die Anforderungen , die das Berufungsgericht stellt, überzogen wären und der Beklagten den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwerten (vgl. dazu: BVerfGE 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; BVerfG NJW 1996, 2857; 2000, 1636; 2001, 1566; FamRZ 2002, 533; Senat, Beschl. v. 23. Oktober 2003, V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 20/99
vom
8. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Schramm, Dr. Bungeroth, Dr. Müller
und Dr. Joeres
am 8. Februar 2000

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. September 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 120.000 DM.

Gründe:


Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Das Urteil wurde am 28. Juli 1999 ihrem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zugestellt. Mit Schriftsatz vom 26. August 1999, der am selben Tag als Telefax einging, legte der beim Oberlandesgericht Naumburg nicht zugelassene Rechtsanwalt H. gegen dieses Urteil Berufung ein, ohne anzugeben, daß dies für die Beklagte geschehe. Nachdem der Senatsvorsitzende ihn mit Telefax vom 30. August 1999 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, hat die Beklagte durch ihre inzwischen beauftragten neuen Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16. September 1999 erneut Berufung eingelegt und zugleich gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Sie hat vorgetragen und dies durch eidesstattliche Versicherungen ihres Ehemannes und ihres damaligen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt H., glaubhaft gemacht: Bereits bei der Mandatierung am 23. oder 24. August 1999 sei Rechtsanwalt H. "schwer erkrankt" gewesen. Obwohl er am 25. August 1999 an starken Schmerzen im Bauchbereich gelitten habe und weder körperlich noch geistig in der Lage gewesen sei, seiner anwaltlichen Tätigkeit nachzugehen, habe er diese vor allem aus Existenzgründen fortgesetzt. Am 30. August 1999 sei er schließlich durch den Notarzt ins Krankenhaus eingewiesen worden, wo man auf der Intensivstation eine lebensbedrohliche Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert habe.
Mit Beschluß vom 17. September 1999 hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Mängel der Berufungsschrift vom 26. August 1999 beruhten auf einem Verschulden des damaligen Prozeßbevollmächtigten, das sich die Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Dabei könne offenbleiben, ob Rechtsanwalt H. nicht gewußt habe, daß eine Berufung nur durch einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Anwalt wirksam eingelegt werden könne, oder ob er dies allein aufgrund seiner Erkrankung verkannt habe. In jedem Fall habe er die Mängel der Berufungsschrift zu vertreten, weil er trotz seiner Erkrankung ein neues Mandat übernommen und nicht für eine Vertretung durch einen Kollegen gesorgt habe.
Gegen diesen am 28. September 1999 zugestellten Beschluß hat die Beklagte am 12. Oktober 1999 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie
macht vor allem geltend, bei der Mandatserteilung sei die Erkrankung von Rechtsanwalt H. noch nicht so schwerwiegend gewesen, daß er ihre Interessen nicht mehr mit der gebotenen Sorgfalt hätte wahrnehmen können; vielmehr sei es erst am 25. August 1999 zu einer rapiden und nicht vorhersehbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gekommen. Er habe dann versucht, die eiligen Sachen zu bearbeiten. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr voll handlungsfähig gewesen sei, seien ihm bei der Einlegung der Berufung zwei Fehler unterlaufen.

II.


Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen. Die von Rechtsanwalt H. am 26. August 1999 eingelegte Berufung ist unzulässig, weil er nicht beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassen ist. Die von den jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 16. September 1999 eingelegte Berufung wahrt die am 30. August 1999 abgelaufene Berufungsfrist nicht und ist deshalb unzulässig (§§ 516, 519 b Abs. 1 ZPO).
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) gegen die Versäumung der Berufungsfrist hat das Oberlandesgericht der Beklagten zu Recht versagt. Die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden verhindert , die Berufungsfrist einzuhalten. Denn ihren damaligen Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt H. trifft an der Versäumung ein Verschulden , das sich die Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Als Rechtsanwalt mußte er unbedingt wissen, daß er, ohne
beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassen zu sein, dort keine zulässige Berufung einlegen konnte und daß der Berufungskläger und der Berufungsbeklagte in der Berufungsschrift anzugeben sind.
Seine Erkrankung räumt ein Verschulden nicht aus; denn es kann nicht davon ausgegangen werden, daß Rechtsanwalt H. seine fehlende Postulationsfähigkeit krankheitsbedingt unverschuldet nicht erkannt hat.
Wenn er, wie die Beklagte im Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen hat, bereits bei der Mandatierung am 23. oder 24. August 1999 "schwer erkrankt" war, hätte er die Übernahme des Mandats zur Einlegung der Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg ablehnen müssen , zumal er dort nicht zugelassen war. Wenn, wie die Beklagte nunmehr in ihrer Beschwerdebegründung vorträgt, am 23. und 24. August 1999 nur ein "leichter Erkrankungszustand" in Form von Unbehagen und kleineren Schmerzen vorhanden war, der eine Mandatsübernahme nicht ausschloß, mußte Rechtsanwalt H. trotz seiner Erkrankung unbedingt klar sein, daß er selbst zur Einlegung der Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg nicht befugt war.
Er hätte deshalb für den Fall, daß sich seine Erkrankung verschlimmerte , geeignete Vorsorge treffen müssen, daß ein Vertreter vorhanden war, der die notwendigen Prozeßhandlungen vornehmen oder veranlassen konnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 1991 - II ZB 1/91, VersR 1991, 1270, 1271 und vom 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541). Daß dies geschehen ist, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Dieses Organisationsverschulden wäre zwar, da für die eingetretene Fristversäumung nicht kausal, irrelevant, wenn die Erkrankung so plötzlich und unvorhersehbar aufgetreten oder akut geworden wäre, daß Rechtsanwalt H. einen Vertreter oder einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Rechtsanwalt nicht mehr hätte einschalten können oder dies für ihn nicht zumutbar war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 11. März 1991 - II ZB 1/91, VersR 1991, 1270, 1271). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden.
Nach dem Vorbringen der Beklagten war Rechtsanwalt H. schon bei der Übernahme des Mandats am 23. und 24. August 1999 erkrankt, ist aber noch am 25. und 26. August 1999 seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nachgegangen und erst am 30. August 1999 ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nichts spricht dafür, daß er am 26. August 1999, wie geschehen, zwar die Berufungsschrift veranlassen und unterzeichnen konnte, aber nicht mehr in der Lage war, einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Rechtsanwalt anzurufen oder einem etwaigen Vertreter seine Erkrankung mitzuteilen.
Daß Rechtsanwalt H. nach gerichtlichem Hinweis auf die Mängel der Berufungsschrift am 30. August 1999 krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, für die erneute Einlegung der Berufung durch einen beim Oberlandesgericht Naumburg zugelassenen Rechtsanwalt zu sorgen , ändert nichts daran, daß er die Versäumung der Berufungsfrist verschuldet hat.
3. Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Nobbe Richter am Dr. Bungeroth Bundesgerichtshof Dr. Schramm ist urlaubsbedingt verhindert seine Unterschrift beizufügen. Nobbe Dr. Müller Dr. Joeres

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 23/03
vom
18. September 2003
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. September 2003 durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Tropf,
Dr. Klein, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. März 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 12.220,96

Gründe:

I.


Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17. Dezember 2002, durch das sie zur Räumung einer unter Zwangsverwaltung stehenden Wohnung ihrer Mutter verurteilt worden ist, ging am 21. Januar 2003 bei dem Landgericht Köln ein. Nach Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung am 24. Februar 2003 teilte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Februar 2003 mit, er sei in den vergangenen zwei Wochen zur Ausübung seiner anwaltlichen Tätigkeit außerstande gewesen und erst jetzt wieder hierzu in der Lage; er werde die Begründung am 28. Februar 2003 vorlegen, was auch geschah. Am 7. März 2003 beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist. Er habe sich insbesondere in der Zeit vom 21. bis 26. Februar 2003 in einer ge-
sundheitlichen Ausnahmesituation befunden, die es ihm unmöglich gemacht habe, seiner anwaltlichen Tätigkeit nachzugehen. Mit Beschluß vom 11. März 2003 hat das Landgericht den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten. Das Landgericht hat durch weiteren Beschluß vom 14. April 2003 die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen; gegen diesen Beschluß hat die Beklagte ebenfalls Rechtsbeschwerde eingelegt, die Gegenstand eines gesonderten Verfahrens ist.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, aber unzulässig, weil die Zulassungsgründe des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts setzt voraus, daß es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Sachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierung ganz oder teilweise fehlt (Senat, BGHZ 151, 221, 225). Das ist hier nicht der Fall. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einer Partei wegen der Erkrankung ihres Prozeßbevollmächtigten Wiedereinsetzung zu gewähren ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt. Danach muß der Rechtsanwalt einer Partei grundsätzlich dafür Sorge tragen, daß die laufenden Rechtsmittelfristen kontrolliert und die erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung solcher Fristen ergriffen werden, wenn er selbst dazu wegen einer Erkrankung nicht in der Lage ist (BGH, Beschl. v. 6. März 1990, VI ZB
4/90, VersR 1990, 1026; Beschl. v. 11. März 1991, II ZB 1/91, VersR 1991, 1270; Beschl. v. 26. November 1998, IX ZB 84/98, AnwBl 1999, 227; Beschl. v. 8. Februar 2000, XI ZB 20/99 veröffentlicht bislang nur bei juris). Eine Ausnahme ist nur dann anzuerkennen, wenn die Erkrankung den Rechtsanwalt überrascht und Maßnahmen zur Fristwahrung nicht mehr zumutbar sind (BGH, Beschl. v. 6. März 1990, VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026). Ist ein Rechtsanwalt erkrankt, muß er Vorsorge auch für den Fall treffen, daß sich seine Erkrankung verschlimmert. Daß er die Entwicklung seiner Erkrankung günstiger einschätzt, entlastet ihn nicht (BGH, Beschl. v. 8. Februar 2000, XI ZB 20/99, veröffentlicht bislang nur bei juris; vgl. dazu auch BGH, Beschl. v. 3. Dezember 1998, X ZR 181/98, NJW-RR 1999, 938). Diese Grundsätze gelten für Rechtsanwälte, die mit anderen in einer Sozietät verbunden, genauso wie für Rechtsanwälte, die - wie der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten - eine Einzelkanzlei haben (BGH, Beschl. v. 6. März 1990, VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026; Beschl. v. 26. November 1998, IX ZB 84/98, AnwBl 1999, 227).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig.

a) Diese Voraussetzung ist namentlich in den Fällen einer Divergenz gegeben (Senat, BGHZ 151, 221, 226). Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde liegt eine solche Divergenz hier nicht vor. Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt, daß die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung , also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, BGHZ 151, 42, 45). Das Landgericht ist im Gegenteil ausdrücklich von der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausgegangen, die es auch im we- sentlichen zutreffend wiedergegeben hat. Dafür, daß und in welcher Hinsicht sich das Landgericht hiervon distanzieren und strengere Grundsätze hat anlegen wollen, lassen sich seiner Entscheidung Anhaltspunkte nicht entnehmen.
b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zu Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (Senat, BGHZ 51, 221, 226). Solche Fehler sind dem Landgericht indessen nicht unterlaufen. Das Landgericht hat die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Erkrankung des Rechtsanwalts richtig angewandt und hierbei auch unter Berücksichtigung der großen Bedeutung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den effektiven Rechtsschutz (dazu: Senat, BGHZ 151, 221, 227 f.) keine überzogenen Anforderungen gestellt. Die Einschätzung des Landgerichts , seine Erkrankung am Wochenende vor dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist habe den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht unvorbereitet und überraschend getroffen, ist als tatrichterliche Würdigung einer Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt zugänglich, insoweit aber nicht zu beanstanden. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat dem Landgericht mit seinem Schriftsatz vom 27. Februar 2002 anwaltlich versichert, daß er in den vergangenen zwei Wochen ernstlich erkrankt gewesen sei. Auch wenn er in dieser Zeit nicht imstande gewesen sein sollte, seiner anwaltlichen Tätigkeit nachzugehen, so wäre ihm doch zumutbar gewesen, den Rechtsanwaltskollegen , mit dem er nach seinen Angaben im Wiedereinsetzungsgesuch in solchen Fällen zusammenarbeitet, um Durchsicht des Fristenbuchs und um Stellung etwa erforderlicher Anträge zur Verlängerung der Berufungsbegrün-
dungsfrist zu bitten. Dies hat er indessen versäumt. Daß er an seine rechtzeitige Genesung glaubte, entlastet ihn nicht. Die von ihm selbst vorgetragene Ernstlichkeit seiner Erkrankung gab ihm Veranlassung, auch mit der dann eingetretenen gegenteiligen Möglichkeit zu rechnen und die zudem mit einfachen Mitteln möglichen fristwahrenden Maßnahmen zu ergreifen.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Schmidt-Räntsch Stresemann
8
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichthofs sind bei einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist keine hohen Anforderungen an die erforderliche Darlegung der erheblichen Gründe für die Notwendigkeit der Fristverlängerung zu stellen. Der Anwalt kann vielmehr grundsätzlich erwarten, dass dem Antrag entsprochen wird, wenn einer der im Gesetz genannten Gründe vorgebracht wird (BGH, Beschl. v. 13. Oktober 1992, VI ZB 25/92, VersR 1993, 771 f.; v. 7. Juni 1999, II ZB 25/98, NJW 1999, 3051 f.; v. 13. Dezember 2005, VI ZB 52/05, VersR 2006, 568; v. 15. August 2007, XII ZB 82/07, NJW-RR 2008, 76 ff.). Auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung darf der Anwalt vertrauen; die unteren Instanzen dürfen aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nicht zum Nachteil der betroffenen Parteien strengere Maßstäbe anlegen (vgl. BVerfG, NJW 1998, 3703 f.; NJW 2001, 812 ff.; NJW 2007, 3342 f.).

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)