Lehman Brothers: Auch deutsche Anleger betroffen

bei uns veröffentlicht am04.03.2009

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Anwalt für Anlegerrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
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Klagemöglichkeiten in den USA im Zusammenhang mit der Subprime Mortgage Krise


Sub-Prime Securities Litigation in the USA

Bei einem Zertifikat handelt es sich um ein zu den Derivaten zählendes Wertpapier, welches einen Basiswert oder ein Basispapier zweitverbrieft. Rechtlich sind Zertifikate als Schuldverschreibungen einzuordnen. Sie bieten in der Regel keine laufende Verzinsung sondern verkörpern lediglich das Recht auf eine einmalige Zahlung eines Geldbetrages und /oder Lieferung von Wertpapieren am Laufzeitende. Der Inhaber hat somit Anteil an den positiven bzw. negativen Entwicklungen des Basiswertes (Underlying). Es besteht dabei mithin das Risiko, dass der Anleger im Falle der Insolvenz des Emittenten einen Totalverlust erleidet. Je nach Gestaltung der Anlage hängt nämlich die Rückzahlung des überlassenen Nennkapitals häufig von einem ungewissen Ereignis ab.


Grob unterscheiden lassen sich die folgenden Gruppen von Zertifikaten:

(1) Indexierte Zertifikate ohne Rückzahlungsgarantie

Bei dieser Zertifikatsform hängt nicht nur die Zahlung des Zinses, sondern auch die Rückzahlung des eingesetzten‚ Kapitals von der Entwicklung eines festgelegten Underlying ab. Als Basiswert dienen regelmäßig einzelne Aktien oder Zusammenstellungen mehrerer (Basket), Währungen, andere Anleihen oder Derivate auf Waren / Rohstoffe. Da sowohl die Rückzahlung des Zinses wie auch des eingesetzten Kapitals von einem ungewissen Ereignis abhängen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts recht hoch. Unter Aspekt spricht man auch von sog. Nichtgarantie-Zertifikaten, zu denen auch die Credit Linked Notes zählen. Es handelt sich dabei um Wertpapiere, deren Rückzahlung wiederum in Abhängigkeit zum Eintritt bestimmter Kreditereignisse steht bei einem oder mehreren Schuldnern steht. Kommt es innerhalb des festgelegten Anlagezeitraum zum Eintritt des Kreditrisikos, werden das eingesetzte Kapital und Zinsen gemindert bzw. ausgesetzt.

(2) Indexierte Zertifikate mit Rückzahlungsgarantie

Im Gegensatz zu der vorgenannten Zertifikatsform ist bei den sog. Garantiezertifikaten die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals bzw. eines Teils davon garantiert. Die Zahlung eines möglichen Zinses hängt jedoch von der Entwicklung des Basiswertes ab. Eine Sonderform der Garantiezertifikate stellen die versicherten Indexzertifikate dar. Diese Zertifikate sind zwar ohne Kapitalrückzahlungsgarantie ausgestattet, es wird aber bei Zeichnung eine Wertpapierversicherung abgeschlossen, wodurch das Verlustrisiko ausgeglichen wird.

(3) Garantiespannenzertifikate

Bei dieser Mittelform gibt der Emittent zwar keine vollständige Garantie auf Kapitalrückzahlung, wenn sich der Kursverlust des Basiswerts jedoch innerhalb einer festgelegten Bandbreite bewegt (z.B. zwischen 0 % und 30 %), wird das eingesetzte Kapital vollständig zurückgezahlt.

Das Risiko:

Anders als andere Anlageformen unterliegen Zertifikate nicht besonderen Schutzmechanismen, wie Einlagensicherungsfonds. Allein die Bonität des Emittenten garantiert die Werthaltigkeit des ausgegebenen Zertifikats. Die Insolvenz des ausgebenden Instituts führt zwangsläufig zur Aussetzung des Zertifikats. So geschehen anlässlich der Insolvenz des us-amerikanischen Bankhauses Lehman Brothers. Die noch im Juli 2008 von der Direktbank DAB beworbenen Zertifikate dürften allen Anscheins nach wertlos sein.

Darüber hinaus produziert diese Anlageform übermäßig hohe Kosten, welche dem Anleger natürlich in Rechnung gestellt werden. Anders als bei anderen Anlageformen unterliegen die Emittenten jedoch nicht der Verpflichtung, die voraussichtlichen bzw. tatsächlich anfallenden Kosten anzugeben.

Der Anleger muss sich somit bewusst sein, dass es sich bei Zertifikaten zwar um eine äußerst ertragsreiche Anlageform handelt, was jedoch – wie so häufig – mit einem schwer zu kalkulierenden Risiko korrespondiert. Völlig unverantwortlich erscheint daher, dass offensichtlich noch vor Kurzem Zertifikat von Lehman Brothers, insbesondere die "4 x 6 % Deutschland Garant Anleihe“ zur Altervorsorge vermittelt wurden. Dies allein stellt unter Umständen bereits einen Beratungsfehler dar, da Zertifikate aus dem oben genannten Gründen schlechthin zur Altersvorsorge nicht geeignet sind.

Anleger, denen Zertifikate von Lehman-Brothers z.B. durch die Direktbank DAB ohne hinreichende Risikoaufklärung vermittelt wurden, haben einen Anspruch gegen die beratende Bank auf Schadenersatz in Höhe des eingesetzten Kapitals nebst Zinsens und Agio. Es empfiehlt sich jedoch je nach Fallgestaltung eine vorherige Überprüfung durch einen entsprechend spezialisierten Rechtsanwalt.

Das Landgericht Hamburg hat am 30.06.2008 (Az.: 319 O 125/08) entschieden, dass die Dresdner Bank 21.179,13 € Schadensersatz nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Lehman Brothers Zertifikats an einen Anleger leisten muss. Zwar wies die Dresdner Bank etwaige Schadensersatzansprüche gegen sie zuvor in den außergerichtlichen Verhandlungen zurück, akzeptierte diese jedoch nach Klageerhebung schließlich doch. Dieses Urteil des Landgerichts Hamburg erging noch bevor die Insolvenz der Bank Lehman Brothers an die Öffentlichkeit gelang.

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