Kindesunterhalt: Keine Berücksichtigung von Fahrtkosten bei Wochenendehen

bei uns veröffentlicht am03.02.2009

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für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsanwalt für Familienrecht und Erbrecht - S&K Rechtsanwälte in Berlin-Mitte
Im Rahmen der gegenüber einem minderjährigen Kind bestehenden Erwerbsobliegenheit ist der Unterhaltspflichtige gehalten, alle Erwerbsobliegenheiten und auch einschneidende Veränderungen in seiner Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen.

Hierauf wies das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) hin. Die Richter entschieden deshalb, dass die bei der Führung einer Wochenendehe anfallenden Fahrtkosten bei der Bemessung des zur Verfügung stehenden Einkommens keine Berücksichtigung finden könnten. Hierbei würde es sich weder um berufsbedingte Fahrtkosten noch um Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Ehefrau handeln. Der Unterhaltspflichtige müsse daher mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnsitz begründen. Alternativ müsse er die Fahrten zu seiner Ehefrau in dem Umfang einschränken, in dem ihm nach Leistung des Kindesunterhalts noch finanzielle Mittel verblieben (Saarländisches OLG, 9 WF 8/08).


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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 06. Okt. 2008 - 9 WF 8/08

bei uns veröffentlicht am 06.10.2008

Tenor Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert vom 12. Dezember 2007 – 11 F 186/07 - in der Fassung des der sofortigen Beschwerde nicht abhelfenden Beschlusses vom 21. Januar 2008 – 12

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Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – St. Ingbert vom 12. Dezember 2007 – 11 F 186/07 - in der Fassung des der sofortigen Beschwerde nicht abhelfenden Beschlusses vom 21. Januar 2008 – 12 F 27/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beklagte ist das minderjährige Kind des Klägers. Zu seinen Gunsten hat sich der Kläger in einer Jugendamtsurkunde vom 18. März 2004, UR-Nr. .../2004, zur Zahlung von Kindesunterhalt ab dem 1. Februar 2004 in Höhe von monatlich 114 % der ersten Altersstufe gemäß § 1 der RegelbetragsVO, derzeit 227,00 EUR, abzüglich des anrechenbaren Kindergeldanteils von zur Zeit 35,00 EUR (Zahlbetrag 192,00 EUR), ab dem 1. August 2008 in Höhe von monatlich 114 % der zweiten Altersstufe gemäß § 1 der RegelbetragsVO, derzeit 275,00 EUR, abzüglich des anrechenbaren Kindergeldanteils von zur Zeit 26,00 EUR (Zahlbetrag 249,00 EUR) und ab dem 1. August 2014 in Höhe von monatlich 114 % der dritten Altersstufe gemäß § 1 der RegelbetragsVO, derzeit 324,00 EUR, abzüglich des anrechenbaren Kindergeldanteils von zur Zeit 17,00 EUR (Zahlbetrag 307,00 EUR), verpflichtet.

Der Kläger hat um Prozesskostenhilfe für eine Klage nachgesucht, mit der er eine Abänderung des in der Jugendamtsurkunde titulierten Kindesunterhalts erreichen will. Er hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass er wegen eines schwerwiegenden Krebsleidens seit dem 1. Dezember 2005 nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von (derzeit) monatlich 860,66 EUR sowie monatlich 350,00 EUR aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit beziehe. Demgegenüber stünden monatliche Fahrtkosten in Höhe von 520,00 EUR zu seiner 520 km entfernt wohnenden Ehefrau, die lediglich über ein monatliches Einkommen in Höhe von ca. 1.200 EUR verfüge. Sein verbleibendes Resteinkommen liege unter dem Selbstbehalt.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 14 ff d.A.), dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert und darauf verwiesen, dass die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten unverhältnismäßig seien und es dem Antragsteller zudem zuzumuten sei, mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen.

Gegen den Beschluss vom 12. Dezember 2007, nach dem Vorbringen des Klägers zugestellt am 18. Dezember 2007, hat der Kläger mit am 18. Januar 2008 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt. Er hat geltend gemacht, dass Fahrten mit der Bahn Kosten in Höhe von monatlich 420,00 EUR verursachten, wobei ihm eine Bahnreise mit einer Dauer von 71/2 bis 8 Stunden und der Notwendigkeit mehrmaligen Umsteigens wegen seiner Erkrankung nicht zumutbar sei. Ein Umzug zum Wohnort seiner Ehefrau sei ihm wegen seiner Erkrankung (Betreuung durch die Ärzte seines Vertrauens „am Ort“) sowie der fehlenden Möglichkeit, am neuen Wohnort eine Arbeitsstelle zu finden, ebenfalls nicht zuzumuten. Zudem würde ein Umzug die Umgangskontakte zu seinem Sohn, dem Beklagten, wegen der Entfernung unmöglich machen (Bl. 15 ff / 19 ff d.A.).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten zur Ehefrau gegenüber dem Unterhaltsanspruch, der das Existenzminimum des Kindes sichere, keine Berücksichtigung finden könnten. Von daher sei der Kläger gehalten, mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnort zu wählen oder die Besuche nur im Rahmen der verbleibenden Einkünfte vorzunehmen (Bl. 25/26 d.A.).

Der Kläger hält die sofortige Beschwerde aufrecht.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn das beabsichtigte Klageverfahren bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Gegenüber dem Unterhaltsanspruch des minderjährigen Beklagten kann sich der Kläger unter Berücksichtigung des ihm zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens (1210,66 EUR) nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Sein Einkommen liegt bei Leistung von angefordertem Kindesunterhalt in Höhe von 125,00 EUR (Bl. 3 d.A.) weder unter dem für Berufstätige in Höhe von 900,00 EUR noch für Nichtberufstätige in Höhe von 770,00 EUR nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien anerkannten Selbstbehalt.

Gegenüber dem Beklagten als minderjährigem Kind gilt eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Zur Sicherung des angemessenen Unterhaltes seines minderjährigen Kindes bis zur Höhe des jeweiligen Regelbedarfes trifft den Kläger als Vater die Pflicht, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt heranzuziehen, alle Erwerbsobliegenheiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen (vgl. statt aller OLG Brandenburg, Beschl. v. 8. Februar 2008, 13 UF 6/07).

Die monatlichen Fahrtkosten zu seiner Ehefrau können, wovon das Amtsgericht zu Recht ausgegangen ist, nach Maßgabe dieser Grundsätze bei der Bemessung des dem Kläger zur Verfügung stehenden Einkommens keine Berücksichtigung finden. Es handelt sich weder um berufsbedingte Fahrtkosten noch um im Rang vorgehende Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Ehefrau (§ 1609 BGB). Von daher ist der Kläger gehalten, mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen oder aber die Fahrten zu seiner Ehefrau in dem Umfang, in dem ihm nach Leistung des Kindesunterhalts noch finanzielle Mittel verbleiben, einzuschränken.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass er wegen seines Krebsleidens auf die Betreuung der ihn seit Jahren behandelnden Ärzte angewiesen und ein Umzug an den Wohnort seiner Ehefrau nicht zumutbar sei, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dem Kläger ist, da er zur Sicherung des Unterhalts seines minderjährigen Kindes auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung hinzunehmen gehalten ist, eine Behandlung seiner Erkrankung auch durch Ärzte am Wohnort seiner Ehefrau zuzumuten. Dass die notwendige und angemessene medizinische Betreuung dort nicht gewährleistet ist, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht dargetan (zur Darlegungs- und Beweislast vgl. OLG Brandenburg, aaO sowie BGH, FamRZ 2007, 715).

Die nämlichen Erwägungen gelten, soweit der Kläger darauf verweist, dass es ihm unmöglich sei, am Wohnort seiner Ehefrau ein (geringfügiges) Beschäftigungsverhältnis zu finden. Der Unterhaltspflichtige hat alles Zumutbare zu unternehmen, seine Leistungsfähigkeit (wieder) herzustellen und ein Beschäftigungsverhältnis zu finden. Hierzu hat der Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Der bloße Hinweis auf eine Arbeitslosenquote in Höhe von 60 % reicht hierfür ebenso wenig wie der Hinweis auf seine Erkrankung (vgl. OLG Brandenburg, aaO).

Auch kann – entgegen der Auffassung des Klägers - nicht festgestellt werden, dass durch einen Wohnortwechsel (an den Wohnort der Ehefrau) der Umgangskontakt des Klägers mit dem Beklagten unmöglich wird. Nach dem Vorbringen des Klägers können die Besuche mittels Bahnfahrt bewerkstelligt werden. Im Übrigen hat der Kläger nicht vorgetragen, die Fahrten nicht mittels PKW und damit in wesentlich kürzerer Fahrzeit vornehmen zu können.

Dessen ungeachtet ist es mit Blick auf die gesteigerte Unterhaltspflicht und die hieraus resultierende Pflicht des Unterhaltspflichtigen, Zugeständnisse an seine Lebensgestaltung zu machen, dem Kläger und seiner Ehefrau zuzumuten, einen gemeinsamen Wohnsitz am Wohnort des Klägers zu begründen. Dass die Ehefrau des Klägers an dessen Wohnort keine adäquate Arbeitsstelle zu finden vermag, hat der Kläger im Übrigen nicht dargetan.

Die sofortige Beschwerde ist daher mit dem Kostenausspruch aus § 127 Abs. 4 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen (§ 574 ZPO).