Familienrecht: Aufenthaltsbestimmungsrecht: Kinderkrippe schadet nicht dem Kindeswohl

29.06.2009

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsanwalt für Familienrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Lässt die erwerbstätige Mutter das Kind von einer Tagesmutter bzw. in einer Kita betreuen, begründet das keinen Vorrang des Vaters, der das Kind selbst betreuen möchte.

Diese Entscheidung traf das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) im Fall der unverheirateten, getrennt lebenden Eltern eines eineinhalbjährigen Kindes. Der Vater war freiberuflich tätig und unterhielt in seiner Wohnung ein Büro. Die Mutter wollte eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und das Kind, das bei ihr lebt, zu einer Tagesmutter bzw. in eine Kinderkrippe geben. Der Vater beantragte deshalb beim Amtsgericht, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind zu übertragen, weil er das Kind selbst betreuen wollte. Er hat geltend gemacht ein Modell anzustreben, bei dem das Kind zwischen den Eltern wechseln und möglichst gleich viel Zeit bei Vater und Mutter verbringen könne. Das vorgeschlagene Modell erlaube beiden Eltern eine Berufstätigkeit, ohne dass das Kind bereits jetzt täglich mehrere Stunden außerhalb der Familie betreut werden müsste.

Das OLG hat den Antrag des Vaters jedoch zurückgewiesen. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht müsse aus Gründen der Kontinuität der Mutter allein übertragen werden. Beide Eltern gingen liebevoll mit dem Kind um. Beide Eltern seien in der Lage, dem Kind die notwendigen Anregungen zu geben. Dass die Mutter nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nun das Kind von einer Tagesmutter bzw. in einer Kita betreuen lassen wolle, begründe keinen Vorrang des Vaters, der das Kind selbst betreuen wolle. Es sei schon zweifelhaft, dass der Vater Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit miteinander in Einklang bringen könne. Jedenfalls schade einem Kind von rund eineinhalb Jahren die Fremdbetreuung in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter nicht. Das vom Vater vorgeschlagene Wechselmodell stelle hohe Anforderungen an die Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern und auch der Kinder. Gegen den Widerstand der Mutter und ohne ausreichende Berücksichtigung von deren Arbeitszeiten könne es nicht funktionieren (OLG Brandenburg, 10 UF 204/08).

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