Datenschutzrecht: Haftung des Admin-C für rechtswidrige Inhalte

02.07.2015

Rechtsgebiete

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Rechtsanwalt

Film-, Medien- und Urheberrecht

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Zusammenfassung des Autors
Das LG Potsdam verurteilte einen Admin-C es zu unterlassen, personenbezogene Daten der Klägerin, insb. ihren Namen, Anschrift und Telefonnummer im Internet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LG Potsdam, Urteil vom 31.07.2013 (Az.: 2 O 4/13).


Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung aufgrund einer Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Anspruch.

Die Klägerin ist Zahnärztin. Sowohl ihre Zahnarztpraxis mit hochwertigem medizinischem Gerät als auch ihr Wohnsitz befinden sich im selben Haus in Groß Kreutz. Der Beklagte ist administrativer Ansprechpartner der Denic für die Website www.telefondetektiv.de.

Auf der genannten Website, deren Betreiber 4 B Internet, Watersnip 59, 2411 MB Bodegraven, Niederlande ist, findet sich hinsichtlich der Klägerin die Angabe ihrer Praxisanschrift nebst Telefonnummer und Ortsangabe auf einem Kartenausschnitt. Die Klägerin, die in diese Veröffentlichung nicht eingewilligt hat, unterrichtete den Beklagten mit Emails vom 22.06.2012 und 29.06.2012 sowie per Einschreiben vom 29.06. 2012 über die Verletzung ihrer Rechte durch den Eintrag auf der Website, ohne dass dieser Eintrag entfernt wurde. Mit Schreiben des Rechtsanwaltes Timm aus der Sozietät des nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 12.07.2012 ließ sie den Beklagten erneut - ebenfalls erfolglos - zur Entfernung des streitgegenständlichen Eintrags und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Für diese anwaltliche Tätigkeit zahlte die Klägerin eine Gebühr von 1.196,43 €.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Eintragung auf der Website verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Spätestens nachdem er auf die Rechtsverletzung auf der Internetseite hingewiesen worden sei, hafte auch der Beklagte als Admin-C. Außerdem habe er die ihr vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten zu tragen.

Die Klägerin beantragt daher,

den Beklagten zu verurteilen, unter Androhung einer Ordnungsstrafe von bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, die personenbezogenen Daten der Klägerin, insbesondere ihren Namen, ihre Anschrift, ihre Telefonnummer im Internet oder auf anderen Verbreitungswegen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.196,43 Euro zzgl. Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2012 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die beiderseits eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823I, 1004I BGB zu, soweit sie gegen die Verbreitung ihrer Daten im Internet vorgeht.

Die gegen den Willen der Klägerin erfolgte und nicht im Einklang mit den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes stehende Veröffentlichung der persönlichen Daten der Klägerin im Internet verletzt diese in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Der Beklagte ist im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung dessen Störer im Sinne des § 1004I Satz 1 BGB, dass er lediglich Admin-C für die Domain ist, auf der die Website mit dem streitgegenständlichen Inhalt eingestellt ist. Der Beklagte hat dadurch, dass er sich gegenüber der Betreiberin der Domain als Admin-C zur Verfügung gestellt hat, einen adäquat-kausalen Beitrag zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin geleistet, weil nach den Bestimmungen der Denic ein ausländischer Antragsteller einen Domainnamen nur dann registrieren lassen kann, wenn er eine inländische Person als Admin-C benennt.

Auf die - in der Rechtsprechung ganz überwiegend verneinte - Frage, ob den Admin-C eine generelle Prüfungspflicht nicht nur hinsichtlich des Domainnamens auf Verstöße gegen markenrechtliche Bestimmungen, sondern auch hinsichtlich des Inhaltes der auf der Domain hinterlegten Webseiten trifft, kommt es vorliegend nicht an. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin den Beklagten mehrfach auf den persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalt der Website hingewiesen hat. In einer solchen Situation geht es nicht mehr um eine nicht zumutbare generelle Überprüfungspflicht, sondern lediglich darum festzustellen, ob der angezeigte Verstoß vorliegt. Hinzu kommt, dass es sich um einen eindeutigen, für den Beklagten - einen Rechtsanwalt - ohne schwierige Prüfung festzustellenden und sich aufdrängenden Rechtsverstoß handelt. Dass der Beklagte selbst ebenfalls von einem Rechtsverstoß ausgeht, ergibt sich daraus, dass er in der mündlichen Verhandlung hat vortragen lassen, er habe versucht, sich nach den Hinweisen der Klägerin auf die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts mit dem Betreiber der Website in Verbindung zu setzen, dieser habe jedoch nicht reagiert.

Dass der Beklagte die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, auf den Eintragungsinhalt einzuwirken, indem er durch Erklärung gegenüber der Denic bewirkt, dass der Domainname als solcher gelöscht wird, stellt der Beklagte nicht infrage. Warum ihm dies nicht zumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich. Der Beklagte hat eine solche Unzumutbarkeit zwar behauptet, dies aber nicht begründet.

Unbegründet ist die Klage hingegen, soweit die Klägerin den Beklagten auch auf Unterlassung der Verbreitung ihrer personenbezogenen Daten „auf anderen Verbreitungswegen“ in Anspruch nimmt, da es insoweit an dem erforderlichen Erstverstoß fehlt. Auch eine unmittelbar bevorstehende erstmalige Verbreitung auf anderen Wegen als über das Internet ist weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich.

Die ihr vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltsgebühren kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des § 823I BGB vom Beklagten ersetzt verlangen, jedoch nur, soweit ihr der verfolgte Anspruch zusteht, d. h. auf der Basis eines Gegenstandswerts von 16.000 €, und der für den Regelfall geltenden Gebühr eines 1,3-fachen Satzes.

Ein Zinsanspruch auf die Rechtsanwaltsgebühren steht der Klägerin im Anschluss an das Rechtsanwaltsschreiben vom 12.07.2012 erst ab dem 20.07.2012 zu, denn nach ihrem eigenen Vortrag war dieser Anwalt am 14.01.2012 noch nicht einmal beauftragt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92I, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
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6.
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7.
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