Bundesverwaltungsgericht entscheidet: Kein Verwaltungsrechtsweg bei Unterschwellenvergaben
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 2. Mai 2007 (BverwG 6 B 10.07) nun endlich in dem Streit um die Rechtswegzuständigkeit von sogenannten Unterschwellenvergaben entschieden.
Demnach ist bei Vergabeentscheidungen unterhalb der Schwellenwerte nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Zivilrechtsweg eröffnet.
Dem liegt zugrunde, dass in Deutschland der Rechtsweg gegen fehlerhafte Vergabeentscheidungen nur für solche Aufträge gesetzlich geregelt ist, deren Auftragsvolumen die europarechtlich vorgegeben Schwellenwerte übersteigen. Der Schwellenwert für öffentliche Bauaufträge beträgt derzeit 5,278 Mio. EUR. Unterhalb dieser Schwellenwerte wurde bislang ein gerichtliches Nachprüfungsverfahren nicht vorgesehen. Jedoch hatten in der Vergangenheit mehrere Verwaltungsgerichte den Verwaltungsrechtsweg bejaht.
Das Bundesverwaltungsgericht schiebt dem mit seiner Entscheidung nunmehr einen Riegel vor. Es meint, dass Streitigkeiten über die fehlerhafte Vergabe von öffentlichen Aufträgen, gleichwohl keine öffentlichrechtlichen Streitigkeiten darstellen. Denn die öffentliche Hand bewege sich auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge regelmäßig im Bereich des Privatrechts. Hierfür sei es unerheblich, dass die öffentliche Hand bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch (und zumindest wohl mittelbar) öffentliche Aufgaben wahrnehme und die Abgrenzung zur Wirtschaftsförderung und –lenkung im Einzelfall fließend sei.
Interessant dürfte sein, dass das Bundesverwaltungsgericht Bieter bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte ebenfalls an die Landgerichte verweist. Diese lehnen jedoch bislang eine Zuständigkeit mangels Erreichen der Schwellenwerte ab.
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Tenor
Die unter TOP 3 (Gesamt- und Wohngeldabrechnung 2013 sowie Entlastung des Verwaltungsbeirats und der Verwaltung) und TOP 7 (Anbringung von Taubenspikes) gefassten Beschlüsse der Eigentümerversammlung der WEG S. Straße 00, Köln, vom 28. September 2015 werden für unwirksam erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Verwaltung zu 90 %, den Beklagten zu 10 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft S. Straße 00, Köln. Die Verwalterin, die die in der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 28. September 2015 zu TOP 3 beschlossene Jahresabrechnung 2013 erstellt hat, war vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 Verwalterin der Gemeinschaft. Ein zuvor im Jahr 2014 gefasster Beschluss über die Jahresabrechnung 2013 ist im Anfechtungsverfahren aufgehoben worden. Nach der Teilungserklärung ist vorgesehen, dass im Vertretungsfalle bei der Versammlung eine schriftlich erteilte Vollmacht vorliegen muss. Während der Versammlung wurde die Frage erörtert, ob auch eine per Telefax oder Email vorliegende Vollmacht als eine solche im Sinne der Teilungserklärung zu werten ist. Der Versammlungsleiter entschied, auch solche Vollmachten mit der Maßgabe zu berücksichtigen, dass die Originalvollmachten nachgereicht würden. Zu TOP 3 beschloss die Gemeinschaft neben der Jahresabrechnung die Entlastung von Verwaltungsbeirat und Verwalterin. Die Jahresabrechnung enthält in der Gesamtdarstellung der Einnahmen und Ausgaben eine Position „Rechnungsabgrenzung 2013 für 2014“ in Höhe von 3.531,89 €. Bei der Einzelabrechnung findet sich eine Position „Versicherungsschäden“ in Höhe von 7.694,08 €, bei den Einnahmen findet sich ein Betrag über eine Versicherungserstattung in Höhe von 5.651,58 €. Die Verwaltung begründet dies u.a. mit der Selbstbeteiligung der Gemeinschaft von 500,- € je Schadensfall. In der Einzelabrechnung ist die Position „Aufzug/Wartung“ mit 30.237,61 €, bei der Auflistung der Kosten mit 22.607,23 € angegeben. Die Verwaltungskosten sind in der Einzelabrechnung mit 22.607,23 €, bei den Abflüssen mit 20.220,13 € dargestellt. Die Position „Anteil WE 170/Direktkosten“ war in der Erstausfertigung der Wohngeldabrechnung 2013 nicht enthalten. Sodann findet sich eine Position „B./2013 eingebucht in 2012“ in Höhe von 1.054,42 €. Der Vermögensstatus weist am Ende des Jahres 2012 304.882,40 €, am Ende des Jahres 2013 390.776,44 € aus. Der Bestand der Instandhaltungsrücklage zum 1. Januar 2013 war in der Erstausfertigung der Abrechnung mit 255.113,71 € angegeben, nunmehr mit 349.125,12 €. Der Endbestand war in der Erstausfertigung beim Soll mit 431.685,24 €, beim Ist mit 289.025,39 € angegeben, in der streitgegenständlichen Fassung bei Ist und Soll einheitlich mit 430.973,26 €. Zu TOP 7 beschloss die Gemeinschaft die Anbringung von Taubenspikes. Hierzu lag ein Angebot der Firma I. vor, die Verwaltung sollte Vergleichsangebote einholen und den günstigsten Anbieter beauftragen.
3Die Kläger sind der Ansicht, die nur per Email oder Telefax vorliegenden Vollmachten hätten nicht berücksichtigt werden dürfen. Zur Begründung der Differenz bei den Aufzugskosten sei angegeben worden, die Kosten seien teilweise bereits 2012 gezahlt worden. Unter Berücksichtigung der Einnahmen und Ausgaben errechne sich ein Endvermögen von 356.864,76 €. Die Rücklagenentwicklung des Jahres 2014 eröffne mit einem Bestand von 330.083,14 €. Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage sei nicht ordnungsgemäß. Bei der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung seien mehr Einheiten berücksichtigt als abgelesen worden. Die Beauftragung wegen der Anbringung der Taubenspikes hätte nicht der Verwaltung überlassen werden dürfen.
4Die Kläger beantragen,
5die unter TOP 3 (Gesamt- und Wohngeldabrechnung 2013 sowie Entlastung des Verwaltungsbeirats und der Verwaltung) und TOP 7 (Anbringung von Taubenspikes) gefassten Beschlüsse der Eigentümerversammlung der WEG S. Straße 00, Köln, vom 28. September 2015 für unwirksam zu erklären.
6Die Beklagten beantragen,
7die Klage abzuweisen.
8In dem Urteil wegen der im Jahr 2014 beschlossenen Abrechnung fänden sich essenzielle Vorgaben nicht, sondern nur allgemeine Ausführungen zur Ordnungsgemäßheit einer Jahresabrechnung. Vollmachten per Telefax und Email seien zugelassen worden, weil dies auch in der Vergangenheit so gehandhabt worden sei. Alle Vollmachten seien im Original nachgereicht worden. Auch ohne Berücksichtigung dieser Vollmachten sei die Gemeinschaft beschlussfähig gewesen. Das Ergebnis der Abstimmung hätte sich hierdurch auch nicht verändert. Bei der Abgrenzung in Höhe von 3.531,89 € handele es sich um die Abrechnung der Heizkosten. Die Kosten der Versicherungsschäden und -erstattungen ergäben sich aus den von der Vorverwaltung überlassenen Belegen. Die Wartungsgebühr für das erste Quartal des Jahres 2013 sei schon am 7. Dezember 2012 überwiesen worden. Diese Kosten seien im Jahr 2012 in der Abrechnung nicht berücksichtigt worden. Die Vergütung für Januar 2013 sei bereits am 27. Dezember 2012 vereinnahmt und nicht in der Jahresabrechnung 2012 berücksichtigt worden. Daher hätte sie im der Abrechnung im Jahr 2013 berücksichtigt werden müssen. Bei dem Betrag in Höhe von 1.054,42 € handele es sich um Betriebskosten der Tiefgarage, der Betrag sei im Jahr 2013 vom Konto der Gemeinschaft geflossen. Auf den Rücklagenkonten seien Ende 2013 insgesamt 289.025,39 € angelegt gewesen, auf dem Girokonto 101.751,05 €. Die monatlichen Wohngeldvorauszahlungen seien in Bewirtschaftungskonten einerseits und zur Führung der Instandhaltungsrücklage andererseits gebucht worden. Zu den Taubenspikes vertreten sie die Ansicht, dass Kosten von maximal 4.760,- € ohne vorherige Ausschreibung hätten beschlossen werden können.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitig von den Parteien gefertigten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
10Entscheidungsgründe:
11Die Klage ist begründet.
12Sie ist insbesondere innerhalb der gemäß § 46 Abs. 1 WEG zu beachtenden Fristen erhoben und begründet worden. Die angefochtenen Beschlüsse widersprechen ordnungsgemäßer Verwaltung, so dass es einer Entscheidung über die Frage, ob diese angesichts der gerügten Bevollmächtigungen wirksam zustande gekommen sind, nicht bedarf.
13TOP 3 (Jahresabrechnung 2013)
14Lediglich hinsichtlich der Kosten wegen Versicherungsschäden und Erstattungen kann der Vortrag der Beklagten nachvollzogen werden. Wenn Kosten in Höhe von 7.694,08 € entstanden sind und die Versicherungen 5.651,58 € erstattet haben, dann ist die Abrechnung in dieser Hinsicht richtig. Die Kläger hätten durch Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen konkret vortragen müssen, dass diese Beträge falsch sind.
15Im Übrigen widerspricht die Jahresabrechnung ordnungsgemäßer Verwaltung, da sie eine Vielzahl von Mängeln aufweist. Die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 28 Abs. 3 WEG nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben zu erstellen. Dazu hat die Verwaltung eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die Höhe der Rücklagen enthält. Sie muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein. Die Darstellung der Jahresabrechnung muss die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfassen und auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Sie müssen nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Oktober 2013 – V ZR 271/12 – WuM 2013, 757 f.).
16Diesen Anforderungen wird die Abrechnung nicht gerecht.
17Verbindlichkeiten der Gemeinschaft sind nicht Gegenstand der Jahresabrechnung und daher in dieser nicht darzustellen.
18Wenn Aufzugskosten zum Teil bereits im Jahr 2012 gezahlt worden sind, ist es zutreffend, dass sie in der Abrechnung des Jahres 2013 nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Dies ist allerdings in der Abrechnung dennoch geschehen. Falsche Buchungen in der Jahresabrechnung 2012 können nicht durch Nachholung in der Jahresabrechnung 2013 korrigiert werden. Dies ist fehlerhaft.
19Gleiches gilt für die Verwaltungskosten. Diese hätten in der Jahresabrechnung 2013 nur in dem Umfang berücksichtigt werden dürfen, wie sie als Ausgaben in diesem Jahr getätigt worden sind.
20Bei dem Betrag in Höhe von 1.054,42 € ist nicht entscheidend, wofür er verwendet worden ist, sondern warum diese Position den Zusatz „eingebucht in 2012“ enthält. Soweit die Beklagten auf das Schreiben der Verwaltung vom 11. September 2015 verweisen, ergibt sich hieraus, dass der Betrag im Jahr 2013 vom Konto der Gemeinschaft abgebucht wurde. Die Ansicht, dieser dürfe nicht erneut abgerechnet werden, weil er von der Vorverwaltung im Jahr 2012 eingebucht wurde, ist nicht nachvollziehbar. Es ist falsch, einen Betrag in der Abrechnung des Jahres 2012 zu berücksichtigen, der erst im Folgejahr angefallen ist. Die Abrechnung des Jahres 2012 ist dann insoweit ebenfalls falsch. Wenn der Betrag aber im Jahr 2013 als Ausgabe entstanden ist, ist er auch abzurechnen in dem Jahr 2013.
21Unverständlich sind die Ausführungen der Beklagten zur Instandhaltungsrücklage. Die Istentwicklung beträgt laut Seite 9 der Abrechnung 430.973,26 €. Dieser Betrag lässt sich selbst bei einer Addition des Bestands der Rücklagenkonten in Höhe von 289.025,39 € mit dem Bestand des Girokontos in Höhe von 101.751,05 € nicht errechnen. Auch die Auflistung von Beträgen in Höhe von insgesamt 33.911,68 € trägt zur Aufklärung nicht bei, unabhängig davon, dass nicht verständlich ist, aus welchem Grund die diesen Betrag ergebenden Positionen relevant sein sollen. Offen verbleibt zudem die Frage, warum der gesamte Bestand des Girokontos Rücklage ist. Die Erklärung von Buchungen einerseits und andererseits erhellen die Unklarheiten nicht. Eine von der Verwaltung zwischenzeitlich erstellte Kontenübersicht 2013/2014 ist unerheblich, da diese nicht Gegenstand der Beschlussfassung war.
22Zu der Position „Anteil WE 170“ fehlt es an einer Erklärung durch die Beklagte ebenso wie hinsichtlich der abgerechneten Einheiten bei der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung.
23TOP 3 (Entlastung von Verwaltung und Verwaltungsbeirat)
24Die Beschlüsse widersprechen ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Jahresabrechnung wegen erheblicher Mängel aufzuheben ist.
25TOP 7 (Taubenspikes)
26Die Beschlussfassung zu der Anbringung von Taubenspikes widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es hätte vor der Beschlussfassung der Einholung von Alternativangeboten bedurft. Zudem ist es nicht zulässig, die Entscheidung über die Vergabe einer Maßnahme zu delegieren und lediglich die Berücksichtigung des günstigsten Angebots aufzugeben. Diese Entscheidung ist von der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst zu treffen (Landgericht Hamburg, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 318 S 3/15 -, ZMR aktuell, Heft 1/2016).
27Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, § 49 Abs. 2 WEG. Hinsichtlich TOP 3 waren der früheren Verwalterin die Kosten des Beschlusses über ihre Entlastung und die von ihr erstellte Jahresabrechnung aufzuerlegen, da die Verwalterin ein grobes Verschulden trifft. Da bereits eine frühere Abrechnung über denselben Abrechnungszeitraum aufgehoben worden war, hätte Anlass zu besonderer Sorgfalt bestanden, um Interesse der Parteien eine erneute Inanspruchnahme des Gerichts zu vermeiden. Wegen der übrigen Beschlussfassungen ist ein grobes Verschulden der Verwaltung nicht zu bejahen.
28Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.
29Streitwert: TOP 3: 22.838,45 € (Jahresabrechnung), 2.000,- € (Entlastung Verwaltung und
30Verwaltungsbeirat); TOP 7: 2.380,- €, insgesamt: 27.218,45 €
31Rechtsbehelfsbelehrung:
32Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
331. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
342. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
35Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
36Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
37Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
38Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
39Köln, 7. März 2016AmtsgerichtRichterin am Amtsgericht
(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.
(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 17.2.2014 – 202 C 136/13 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO, § 62 Abs. 2 WEG abgesehen.)
3Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht Köln einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte gem. § 280 BGB i.V.m. dem Verwaltervertrag verneint.
4Die Aktivlegitimation des Klägers ist gegeben. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers kommt jedoch im Hinblick auf die Erstellung und Vorlage beider Jahresabrechnungen 2010 durch die Beklagte nicht in Betracht.
5Nach § 28 Abs. 3 WEG ist der Verwalter nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres verpflichtet eine Jahresabrechnung aufzustellen. Entgegen der Auffassung des Klägers schuldet der Verwalter nicht die Vorlage einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung, die Falle einer Anfechtung der Beschlussfassung in jedem Fall Bestand hat. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Form und Inhalt einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung in Rechtsprechung und Literatur umstritten sind und somit der Begriff der fehlerhaften Jahresabrechnung nicht ohne Zweifel ist (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 26 Rn.65).
6Die erstmalige Erstellung und Vorlage einer Jahresabrechnung, die nicht den Maßstäben entspricht, die Rechtsprechung und Literatur an eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung stellen, stellt daher grundsätzlich keine Pflichtverletzung des Verwalters dar; etwas anderes kann sich jedoch im Einzelfall ergeben, wenn die vorgelegte Jahresabrechnung derart unvollständig und fehlerhaft ist, dass von der Vorlage einer geordneten Darstellung der Einnahmen und Ausgaben nicht mehr gesprochen werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Von Seiten der Beklagten ist eine Jahresabrechnung vorgelegt worden, die eine geordnete Darstellung der Einnahmen und Ausgaben enthielt und nach Prüfung durch den Verwaltungsbeirat zur Beschlussfassung gestellt worden ist. Eine Pflichtverletzung der Beklagten kann daher in der Vorlage des ersten Entwurfs zur Jahresabrechnung 2010 nicht gesehen werden.
7Soweit ein neues Anfechtungsverfahren – 204 C 199/11 – AG Köln - durch die weitere Beschlussfassung vom 17.1.2012 über die überarbeitete Jahresabrechnung 2010 veranlasst worden ist, kann eine Pflichtverletzung seitens der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, denn aufgrund der Darlegungen in dem Anfechtungsverfahren – 204 C 72/12 – AG Köln – musste die Beklagte die von ihr erstellte Jahresabrechnung 2010 einer kritischen Prüfung unterziehen und auf etwaige Fehler hin untersuchen.
8Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ist jedoch ausgeschlossen, da ihm ein überwiegendes, den Schadensersatzanspruch ausschließendes Mitverschulden an der Schadensentstehung vorzuwerfen ist. Wenn hier von Seiten des Klägers im Wesentlichen das Fehlen der Kontenentwicklung gerügt wird, so hätte dieser Fehler dem Kläger in seiner Eigenschaft als Wohnungseigentümer und Mitglied des Beirates, der für die Prüfung der Jahresabrechnung zuständig ist, auffallen müssen, denn die Überprüfung der rechnerischen Schlüssigkeit der Jahresabrechnung ist Aufgabe des Verwaltungsbeirates (vgl. Jennißen-Hogenschurz, WEG, § 29 Rn.20). Die fehlende Kontenentwicklung macht die Schlüssigkeitsprüfung hingegen unmöglich, so dass dieser Fehler für den Kläger, als Beiratsmitglied, klar erkennbar gewesen ist. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht darauf zurückziehen, dass es sich um einen Fehler handelt, der für einen juristisch und wirtschaftlich nicht vorgebildeten Wohnungseigentümer nicht erkennbar war. Es ist nämlich auf den Horizont eines kaufmännisch und insbesondere buchhalterisch vorgebildeten Eigentümers abzustellen (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 28 Rn.75b), so dass sich der einzelne Wohnungseigentümer nicht auf den Standpunkt stellen kann, dass er in jedem Fall blind darauf vertrauen kann, dass der Verwalter eine nach den Grundsätzen von Rechtsprechung und Literatur ordnungsgemäße Jahresabrechnung zur Beschlussfassung stellen wird.
9Hier kommt hinzu, dass dem Kläger und den übrigen Wohnungseigentümer die neue Beschlussfassung am 17.1.2012 im Wissen um die Anfechtung der ersten Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2010 getroffen haben, so dass ihnen die Fehler der ersten Abrechnung bekannt waren und sie daher besonders sorgfältig hätten prüfen müssen, ob die Jahresabrechnung ordnungsgemäß erstellt worden ist. Der Kläger räumt in seinem Schriftsatz vom 6.11.2014 selber ein, dass die zweite Jahresabrechnung 2010 im Wesentlichen die gleichen Fehler aufwies wie der erste Entwurf und es sich bei dem Fehlen des Kontenverlauf/Kontenabstimmung um elementare Fehler der Jahresabrechnung handelt.
10Weiter ist zu berücksichtigen, dass allein die Erstellung und Vorlage einer nicht ordnungsgemäßen Jahresabrechnung nicht zu dem hier geltend gemachten Schaden des Klägers führen kann. Erst die Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer eröffnet die Möglichkeit des Führens eines Anfechtungsverfahrens mit den Folgen der Kostentragung durch die unterlegenen Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer müssen daher in eigener Verantwortung dafür Sorge tragen, dass nur Beschlüsse gefasst werden, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Dies gilt erst recht, wenn bereits ein Anfechtungsverfahren in Bezug auf das gleiche Abrechnungsjahr anhängig ist und daher nicht auszuschließen ist, dass es erneut zu einem Anfechtungsverfahren kommen kann. Auf die Darlegungen der Verwalterin in der Eigentümerversammlung, wo es im Protokoll heißt, dass die Abrechnung „verständlicher gestaltet“ worden ist, durfte der Kläger sich jedenfalls nicht verlassen. Daraus ergab sich nicht, dass die Beklagte die in dem ersten Anfechtungsverfahren monierten Mängel abgestellt hatte.
11Bei der Frage des Mitverschuldens geht es daher nicht um die fehlenden Überwachung oder fehlerhafte Auswahl des Verwalters sondern um die Wahrnehmung der eigenen Sorgfaltspflichten der Wohnungseigentümer bei Beschlussfassungen. Das Wohnungseigentumsgesetz gibt den Wohnungseigentümern nicht nur das Recht auf gemeinschaftliche Verwaltung, es gestaltet die Verwaltung auch als Pflicht. Aus dem unter den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis erwächst die Pflicht des einzelnen Wohnungseigentümers an der ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken (vgl. Timme-Elzer, WEG, § 21 Rn. 49). Nach § 21 Abs. 4 WEG schulden die Wohnungseigentümer untereinander daher auch eine der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechende Beschlussfassung (vgl. Timme-Elzer, WEG, § 21 Rn.126), so dass sie im Rahmen dessen auch dafür Sorge tragen müssen, dass nur Beschlüsse gefasst werden, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
13Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
14Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichtes. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.
15Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung nicht von der Entscheidung des BayObLG - Beschluss vom 17.6.2003 – 2 Z BR 110/02 – ab, da diese Entscheidung einen anderen Sachverhalt betraf, nämlich die Auferlegung von Verfahrenskosten auf den Verwalter. Diese Entscheidung erging zudem nach altem Recht und ist durch die Einfügung der Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG obsolet geworden. Die Ausführungen des BayObLG zur Frage der Erkennbarkeit von Fehlern bei der Jahresabrechnung beziehen sich auf die Frage, ob durch den Entlastungsbeschluss konkurrierende Ansprüche ausgeschlossen werden.
16Die Ausführungen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz 3.12.2014 gaben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
17Streitwert: 1.356,10 €
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.