Autokauf: Rücktritt vom Pkw-Kaufvertrag bei einem Unfallwagen

bei uns veröffentlicht am23.07.2014

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Wird ein Pkw im Kaufvertrag als unfallfrei bezeichnet, kann der Käufer die Rückabwicklung des Vertrags verlangen, wenn der Wagen tatsächlich bereits in zwei Unfälle verwickelt war.
Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall einer Frau, die bei einem Kfz-Händler einen gebrauchten Audi A4 für 6.500 EUR gekauft hatte. In dem Kaufvertrag war schriftlich eingefügt „unfallfrei“. Weiterhin hieß es, dass dem Verkäufer „auf andere Weise Unfallschäden“ nicht bekannt seien. Einige Zeit nach dem Kauf erklärte die Käuferin unter Berufung auf einen Unfall des Autos den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte eine Rückabwicklung. Sie behauptete, dass der gekaufte Audi einen massiven Unfallschaden erlitten hatte. Eine ordnungsgemäße Reparatur sei nicht erfolgt. Deswegen wollte sie ihren Kaufpreis in Höhe von 6.500 EUR zurück, entgangene Zinsen und Ersatz für notwendige Verwendungen von 1.150 EUR. Der Händler verteidigte sich damit, dass das Auto keinen Unfall gehabt hätte. Es seien nur Schäden durch Kratzer und Dellen am Kotflügel vorhanden gewesen. Dies habe die Käuferin gewusst.

Das LG gab der Klage statt. Es stellte fest, dass der Audi einen erheblichen Unfallschaden erlitten hatte. Lediglich bei geringfügigen ausgebesserten Blechschäden und „Schönheitsfehlern“ dürfe von Unfallfreiheit gesprochen werden. Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass das Auto mindestens zwei Unfälle erlitten hatte. Ein Vorbesitzer schilderte einen großen Unfall. Deshalb durfte die Käuferin den Rücktritt erklären. Der Händler hatte eine Garantie für die Beschaffenheit des Autos - hinsichtlich der Unfallfreiheit - übernommen. Diese Erklärung war auch schriftlich in den Kaufvertrag aufgenommen worden. Daher kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Händler in bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache „Unfallfreiheit“ übernommen hatte. Weil diese nicht vorlag könne die Käuferin den Kaufpreis von 6.500 EUR sowie Zinsen hierauf herausverlangen. Auch die von der Käuferin vorgelegten Rechnungen über Arbeiten zur Erhaltung und Wiederherstellung oder Verbesserung des streitgegenständlichen Autos in Höhe von 1.150 EUR bekam sie ersetzt. Anrechnen lassen musste sie sich aber die Vorteile, die sie durch den Gebrauch des Autos gezogen hatte. Diese Nutzungsvergütung wird aus den gefahrenen Kilometern errechnet. Da die Käuferin diesen Abzug bereits in ihrer Berechnung zur Klage vorgenommen hatte, war sie vollständig erfolgreich (LG Coburg, 41 O 555/13).

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(1) Der Reiseveranstalter kann den Reisepreis einseitig nur erhöhen, wenn

1.
der Vertrag diese Möglichkeit vorsieht und zudem einen Hinweis auf die Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Senkung des Reisepreises nach Absatz 4 Satz 1 sowie die Angabe enthält, wie Änderungen des Reisepreises zu berechnen sind, und
2.
die Erhöhung des Reisepreises sich unmittelbar ergibt aus einer nach Vertragsschluss erfolgten
a)
Erhöhung des Preises für die Beförderung von Personen aufgrund höherer Kosten für Treibstoff oder andere Energieträger,
b)
Erhöhung der Steuern und sonstigen Abgaben für vereinbarte Reiseleistungen, wie Touristenabgaben, Hafen- oder Flughafengebühren, oder
c)
Änderung der für die betreffende Pauschalreise geltenden Wechselkurse.
Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar und verständlich über die Preiserhöhung und deren Gründe zu unterrichten und hierbei die Berechnung der Preiserhöhung mitzuteilen. Eine Preiserhöhung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und die Unterrichtung des Reisenden nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn erfolgt.

(2) Andere Vertragsbedingungen als den Reisepreis kann der Reiseveranstalter einseitig nur ändern, wenn dies im Vertrag vorgesehen und die Änderung unerheblich ist. Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar, verständlich und in hervorgehobener Weise über die Änderung zu unterrichten. Eine Änderung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und vor Reisebeginn erklärt wird.

(3) § 308 Nummer 4 und § 309 Nummer 1 sind auf Änderungsvorbehalte nach den Absätzen 1 und 2, die durch vorformulierte Vertragsbedingungen vereinbart werden, nicht anzuwenden.

(4) Sieht der Vertrag die Möglichkeit einer Erhöhung des Reisepreises vor, kann der Reisende eine Senkung des Reisepreises verlangen, wenn und soweit sich die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Preise, Abgaben oder Wechselkurse nach Vertragsschluss und vor Reisebeginn geändert haben und dies zu niedrigeren Kosten für den Reiseveranstalter führt. Hat der Reisende mehr als den hiernach geschuldeten Betrag gezahlt, ist der Mehrbetrag vom Reiseveranstalter zu erstatten. Der Reiseveranstalter darf von dem zu erstattenden Mehrbetrag die ihm tatsächlich entstandenen Verwaltungsausgaben abziehen. Er hat dem Reisenden auf dessen Verlangen nachzuweisen, in welcher Höhe Verwaltungsausgaben entstanden sind.

(1) Der Reiseveranstalter kann durch Vereinbarung mit dem Reisenden seine Haftung für solche Schäden auf den dreifachen Reisepreis beschränken, die

1.
keine Körperschäden sind und
2.
nicht schuldhaft herbeigeführt werden.

(2) Gelten für eine Reiseleistung internationale Übereinkünfte oder auf solchen beruhende gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Leistungserbringer nur unter bestimmten Voraussetzungen oder Beschränkungen entsteht oder geltend gemacht werden kann oder unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen ist, so kann sich auch der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden hierauf berufen.

(3) Hat der Reisende gegen den Reiseveranstalter Anspruch auf Schadensersatz oder auf Erstattung eines infolge einer Minderung zu viel gezahlten Betrages, so muss sich der Reisende den Betrag anrechnen lassen, den er aufgrund desselben Ereignisses als Entschädigung oder als Erstattung infolge einer Minderung nach Maßgabe internationaler Übereinkünfte oder von auf solchen beruhenden gesetzlichen Vorschriften erhalten hat oder nach Maßgabe

1.
der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1),
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14),
3.
der Verordnung (EG) Nr. 392/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See (ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 24),
4.
der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1) oder
5.
der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 1).
Hat der Reisende vom Reiseveranstalter bereits Schadensersatz erhalten oder ist ihm infolge einer Minderung vom Reiseveranstalter bereits ein Betrag erstattet worden, so muss er sich den erhaltenen Betrag auf dasjenige anrechnen lassen, was ihm aufgrund desselben Ereignisses als Entschädigung oder als Erstattung infolge einer Minderung nach Maßgabe internationaler Übereinkünfte oder von auf solchen beruhenden gesetzlichen Vorschriften oder nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Verordnungen geschuldet ist.

(1) Der Reiseveranstalter kann den Reisepreis einseitig nur erhöhen, wenn

1.
der Vertrag diese Möglichkeit vorsieht und zudem einen Hinweis auf die Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Senkung des Reisepreises nach Absatz 4 Satz 1 sowie die Angabe enthält, wie Änderungen des Reisepreises zu berechnen sind, und
2.
die Erhöhung des Reisepreises sich unmittelbar ergibt aus einer nach Vertragsschluss erfolgten
a)
Erhöhung des Preises für die Beförderung von Personen aufgrund höherer Kosten für Treibstoff oder andere Energieträger,
b)
Erhöhung der Steuern und sonstigen Abgaben für vereinbarte Reiseleistungen, wie Touristenabgaben, Hafen- oder Flughafengebühren, oder
c)
Änderung der für die betreffende Pauschalreise geltenden Wechselkurse.
Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar und verständlich über die Preiserhöhung und deren Gründe zu unterrichten und hierbei die Berechnung der Preiserhöhung mitzuteilen. Eine Preiserhöhung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und die Unterrichtung des Reisenden nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn erfolgt.

(2) Andere Vertragsbedingungen als den Reisepreis kann der Reiseveranstalter einseitig nur ändern, wenn dies im Vertrag vorgesehen und die Änderung unerheblich ist. Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar, verständlich und in hervorgehobener Weise über die Änderung zu unterrichten. Eine Änderung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und vor Reisebeginn erklärt wird.

(3) § 308 Nummer 4 und § 309 Nummer 1 sind auf Änderungsvorbehalte nach den Absätzen 1 und 2, die durch vorformulierte Vertragsbedingungen vereinbart werden, nicht anzuwenden.

(4) Sieht der Vertrag die Möglichkeit einer Erhöhung des Reisepreises vor, kann der Reisende eine Senkung des Reisepreises verlangen, wenn und soweit sich die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Preise, Abgaben oder Wechselkurse nach Vertragsschluss und vor Reisebeginn geändert haben und dies zu niedrigeren Kosten für den Reiseveranstalter führt. Hat der Reisende mehr als den hiernach geschuldeten Betrag gezahlt, ist der Mehrbetrag vom Reiseveranstalter zu erstatten. Der Reiseveranstalter darf von dem zu erstattenden Mehrbetrag die ihm tatsächlich entstandenen Verwaltungsausgaben abziehen. Er hat dem Reisenden auf dessen Verlangen nachzuweisen, in welcher Höhe Verwaltungsausgaben entstanden sind.

(1) Der Reiseveranstalter kann durch Vereinbarung mit dem Reisenden seine Haftung für solche Schäden auf den dreifachen Reisepreis beschränken, die

1.
keine Körperschäden sind und
2.
nicht schuldhaft herbeigeführt werden.

(2) Gelten für eine Reiseleistung internationale Übereinkünfte oder auf solchen beruhende gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Leistungserbringer nur unter bestimmten Voraussetzungen oder Beschränkungen entsteht oder geltend gemacht werden kann oder unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen ist, so kann sich auch der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden hierauf berufen.

(3) Hat der Reisende gegen den Reiseveranstalter Anspruch auf Schadensersatz oder auf Erstattung eines infolge einer Minderung zu viel gezahlten Betrages, so muss sich der Reisende den Betrag anrechnen lassen, den er aufgrund desselben Ereignisses als Entschädigung oder als Erstattung infolge einer Minderung nach Maßgabe internationaler Übereinkünfte oder von auf solchen beruhenden gesetzlichen Vorschriften erhalten hat oder nach Maßgabe

1.
der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1),
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14),
3.
der Verordnung (EG) Nr. 392/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See (ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 24),
4.
der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1) oder
5.
der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 1).
Hat der Reisende vom Reiseveranstalter bereits Schadensersatz erhalten oder ist ihm infolge einer Minderung vom Reiseveranstalter bereits ein Betrag erstattet worden, so muss er sich den erhaltenen Betrag auf dasjenige anrechnen lassen, was ihm aufgrund desselben Ereignisses als Entschädigung oder als Erstattung infolge einer Minderung nach Maßgabe internationaler Übereinkünfte oder von auf solchen beruhenden gesetzlichen Vorschriften oder nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Verordnungen geschuldet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 1 2 6 / 1 3 Verkündet am:
30. September 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 651d; FluggastrechteVO Art. 12

a) Bei einem Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen
Minderung aufgrund großer Verspätung des Rückfluges nach § 651d BGB
handelt es sich um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch nach
Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO.

b) Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind nach der Fluggastrechteverordnung
allein wegen großer Verspätung gewährte Ausgleichsleistungen
auf den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen
Minderung nach § 651d BGB aufgrund derselben großen Verspätung
anzurechnen.
BGH, Urteil vom 30. September 2014 - X ZR 126/13 - LG Bonn
AG Bonn
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Dr. Grabinski und Dr. Bacher, die Richterin Schuster und den
Richter Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 26. September 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin buchte bei der Beklagten für sich und ihren Ehemann eine
1
Kreuzfahrt ab und nach Dubai inklusive Hin- und Rückflug für die Zeit vom 24. Februar bis 2. März 2012 zu einem Preis von 2.842,20 €. Der Rückflug nach Düsseldorf erfolgte 25 Stunden später als vorgese2 hen. Das ausführende Luftfahrtunternehmen zahlte an die Klägerin und ihren Ehemann auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EU 2004 L 46 vom 17. Februar 2004 S. 1 ff.; im Folgenden Fluggastrechteverordnung oder Ver- ordnung) jeweils 600 €. Die Klägerin macht wegen der 25-stündigen Flugverspätung einen An3 spruch auf Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von fünf Prozent des anteiligen Tagesreisepreises ab der fünften Stunde der Verspätung, mithin 426,30 €, geltend. Die Beklagte hält dem die Anrechnung der Ausgleichszahlungen des Luftfahrtunternehmens auf die Rückzahlungsansprüche der Klägerin wegen Minderung des Reisepreises entgegen. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom
4
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg. I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
6
folgt begründet: Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung gegen die Beklagte
7
als Reiseveranstalterin wegen reisevertraglicher Minderung nach § 638 Abs. 3 und 4 in Verbindung mit § 651d BGB sei jedenfalls durch Anrechnung der auf Grundlage der Fluggastrechtsverordnung wegen Verspätung erbrachten Zahlung von 600 € erloschen. Die Anrechenbarkeit sei nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO gegeben, wenn und soweit das Minderungsrecht - wie im vorliegenden Fall - allein auf den Umstand der Flugverspätung gestützt werde.
8
Der in Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO verwendete Begriff des Schadensersatzes sei unter Berücksichtigung der englischen Fassung der Verordnung umfassend zu verstehen. Er bezeichne jede Form der Entschädigung, des Ersatzes oder einer Ausgleichszahlung und damit auch den Minderungsanspruch wegen Verspätung nach deutschem Reisevertragsrecht. Die Anrechnung sei sachgerecht, weil mit dem Ausgleichanspruch nach der Fluggastrechteverordnung und dem Minderungsanspruch nach dem deutschen Reisevertragsrecht gleichermaßen in der Flugverspätung gründende "Ärgernisse" und "große Unannehmlichkeiten" kompensiert werden sollten und Art. 12 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO gerade der Vermeidung von Überkompensierungen diene, die sich aus einer Kumulierung von Ansprüchen wegen derselben Positionen und Interessen ergäben.
9
II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, dass der von der
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Klägerin geltend gemachte Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises wegen Minderung aufgrund einer erheblichen Verspätung des Rückfluges nach § 651d BGB ein weitergehender Schadensersatzanspruch des Fluggastes ist, auf den nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO eine nach der Verordnung wegen großer Verspätung eines Flugs gewährte Ausgleichsleistung angerechnet werden kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist
11
der Begriff des "weitergehenden Schadens" in Art. 12 FluggastrechteVO dahin auszulegen, dass er es dem nationalen Gericht ermöglicht, unter den Voraussetzungen des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommen ) oder des nationalen Rechts Ersatz für den wegen Nichterfüllung des Luft- beförderungsvertrags entstandenen Schaden, einschließlich des immateriellen Schadens, zu gewähren (EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - C-83/10, NJW 2011, 3776 Rn. 38 - Aurora Sousa Rodríguez/Air France SA). Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch des Fluggastes nach nationalem Recht im Sinne der Verordnung. Dem steht nicht entgegen, dass der Klageanspruch nach deutschem
12
Reisevertragsrecht auf einer Minderung des Reisepreises nach § 651d Abs. 1 BGB beruht und der Reisende unbeschadet der Minderung auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 651f BGB verlangen kann, wenn der Mangel der Reise auf einem Umstand beruht, den der Reiseveranstalter zu vertreten hat. Für die Qualifikation eines Anspruchs als weitergehender Schadensersatzanspruch im Sinne von Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO ist entscheidend, ob dem Fluggast mit dem Anspruch eine Kompensation für die durch die Nichtoder Schlechterfüllung der Verpflichtung zur Luftbeförderung, etwa durch eine große Verspätung, erlittenen Nachteile gewährt wird, wobei es sich dabei nicht nur um einen Vermögensschaden, sondern auch um einen immateriellen Schaden , also insbesondere auch die dem Fluggast durch die Nichtbeförderung, Annullierung oder große Verspätung verursachten Unannehmlichkeiten (vgl. Erwägungsgründe 2 und 12 FluggastrechteVO), handeln kann. Entsprechend wird in anderen Sprachfassungen der Fluggastrechteverordnung, wie etwa der englischen , französischen, italienischen, niederländischen und spanischen Sprachfassung , der umfassende Begriff einer "further compensation", "indemnisation complémentaire", "risarcimenti supplementari", "verdere compensatie" oder "compensación suplementaria" verwendet. In diesem Sinne handelt es sich jedenfalls bei einer Minderung des Reisepreises, die allein auf eine große Verspätung des Rückfluges nach § 651d BGB zurückzuführen ist, um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch nach Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO, da dem Reisenden durch die Minderung des Reisepreises ein Ausgleich für die ihm durch die große Verspätung entstandenen Unannehmlichkeiten gewährt wird (ebenso: Staudinger/Staudinger (2011), § 651d BGB Rn. 8; Führich, Reiserecht , 6. Aufl. 2010 Rn. 1065a; Tonner, Der Reisevertrag, 5. Aufl. 2006, S. 259 Rn. 47; Leffers, RRa 2008, 258, 260 f.; Bollweg, RRa 2009, 10, 12 ff.; aA noch Führich, RRa 2007, 58, 61). Dies entspricht im Übrigen auch der Entstehungsgeschichte des Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO, wonach für die deutsche Sprachfassung der Begriff des "Schadensersatz" statt der Begriffe "Schadensersatz und Minderung" gewählt wurde, ohne dass damit eine Minderung des Reisepreises vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen werden sollte (vgl. den Bericht von Bollweg zur Entstehungsgeschichte von Art. 12 Abs. 1 Fluggastrechte VO und insbesondere der deutschen Sprachfassung, aaO, 14 f.). 2. Die demzufolge nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO mögli13 che Anrechnung der der Klägerin und ihrem Ehemann von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen nach der Verordnung gewährten Ausgleichsleistung auf den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen Minderung folgt nach deutschem Recht aus den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung.
a) Nach den von der Rechtsprechung im Bereich des Schadensersatz14 rechts entwickelten Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es soll ein gerechter Interessenausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden, indem der Geschädigte einerseits nicht besser gestellt wird, als er ohne das schädigende Ereignis stünde, ihm aber andererseits auch nur solche Vorteile auf den Schadensersatzanspruch angerechnet werden, deren Anrechnung mit dem Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83 Rn. 18 mwN). Nach diesen Grundsätzen, die auch auf Minderungsansprüche anwend15 bar sind (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2010 - VII ZR 100/10, NJW-RR 2011, 377 Rn. 2), sind die der Klägerin und ihrem Ehemann gewährten Ausgleichsleistungen nach der Fluggastrechteverordnung auf deren Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises anzurechnen. Ausgleichszahlungen nach Art. 7 FluggastrechteVO zielen zwar nicht notwendigerweise auf den Ausgleich derselben Nachteile wie Minderungsansprüche aufgrund eines Reisemangels nach § 651d BGB. Im vorliegenden Fall sind beide Ansprüche jedoch nicht nur adäquat kausal auf die starke Verspätung des Rückfluges nach Düsseldorf zurückzuführen, sondern dienen auch gleichermaßen dem Ausgleich der der Klägerin und ihrem Ehemann verspätungsbedingt entstandenen Unannehmlichkeiten. Durch die Kumulierung der Ansprüche würden die Klägerin und ihr Ehemann eine Doppelentschädigung erhalten, ohne dass es für eine solche Überkompensation, etwa auch im Vergleich mit Reisenden, die ein anderes Verkehrsmittel benutzen, eine gesetzliche Rechtfertigung gibt. Von daher ist die Anrechnung des Ausgleichs für die Klägerin und ihren Ehemann auch zumutbar.
b) Eine Anrechnung ist auch nicht im Hinblick darauf ausgeschlossen,
16
dass Schuldner des Ausgleichsanspruchs nach Art. 7 FluggastrechteVO das ausführende Luftfahrtunternehmen und Schuldner des Anspruchs auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises nach § 651d BGB der Reiseveranstalter ist. Denn bei Erfüllung der ihm aus Art. 7 ff. FluggastrechteVO erwachsenden Verpflichtungen ist davon auszugehen, dass das ausführende Luftfahrtunterneh- men mit Wirkung für und gegen den Reiseveranstalter handelt, wie sich aus Art. 3 Abs. 5 Satz 2 FluggastrechteVO ergibt (BGH, Beschluss vom 11. März 2008 - X ZR 49/07, NJW 2008, 2119 Rn. 18). 3. Es handelt sich auch um eine hinreichend geklärte Rechtslage, so
17
dass es keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV zur Auslegung von Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO bedarf. Die dem Uniongerichtshof vom Senat vorgelegten Fragen, ob ein vom
18
nationalen Recht gewährter Schadensersatz, der auf die Erstattung von zusätzlichen Reisekosten gerichtet ist, die wegen Annullierung eines gebuchten Fluges angefallen sind, auf den Ausgleichsanspruch aus Art. 7 FluggastrechteVO angerechnet werden kann, wenn das Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen nach Art. 8 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 FluggastrechteVO erfüllt hat, und ob dies auch für die Kosten der Ersatzbeförderung zum Endziel der Flugreise gilt (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - X ZR 113/12, EuZW 2013, 840 [Leitsätze ]), stellen sich im vorliegenden Fall nicht, weil die von der Klägerin geltend gemachte Minderung allein auf eine starke Verspätung des Rückfluges gestützt ist und damit weder zusätzliche Reisekosten noch die Kosten einer Ersatzbeförderung betrifft. Auch die seinerzeit weiterhin vorgelegte Frage, ob bei einer möglichen Anrechnung das Luftfahrunternehmen diese stets vornehmen kann oder die Anrechnung davon abhängig ist, inwiefern das nationale Recht sie zulässt oder das Gericht sie für angemessen erachtet (BGH, aaO; vgl. dazu auch die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 28. Juni 2011 - C-83/10 Rn. 64), gibt keinen Grund zur Vorlage, weil alle Alternativen im vorliegenden Fall gegeben sind. Dass die Beklagte die Anrechnung der Ausgleichszahlungen des Luftfahrtunternehmens geltend macht und die Anrechnung nach deutschem Recht zulässig ist, ist bereits ausgeführt worden. Die obigen Erwägungen zur Vorteilausgleichung rechtfertigen es zudem, die An- rechnung im Rahmen einer die beidseitigen Interessen der Parteien berücksichtigenden Ermessensentscheidung, die auch vom Senat auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts getroffen werden kann, als angemessen zu erachten. Schließlich stellt sich auch die vierte seinerzeit vorgelegte Frage nicht (vgl. BGH, aaO), weil es im vorliegenden Fall allein um einen Ausgleich verspätungsbedingter Unannehmlichkeiten der Klägerin und damit nicht auch um den Ausgleich materieller Schäden geht.
19
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher Schuster Deichfuß
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 13.05.2013 - 113 C 204/12 -
LG Bonn, Entscheidung vom 26.09.2013 - 8 S 156/13 -
18
a) Die im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde; dem steht das aus der strikten Anwen- dung der Differenzhypothese folgende schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, BGHZ 30, 29; Urteil vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 198/99, NJW 2001, 673 = ZIP 2000, 1584; MünchKommBGB /Oetker, 4. Aufl., § 249 Rdn. 18; Staudinger/Schiemann (2005), § 249 Rdn. 2). Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche , deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtungsweise gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein. Letztlich folgt der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung aus dem in § 242 BGB festgelegten Grundsatz von Treu und Glauben (BGH, Urteil vom 7. November 1996 - VII ZR 23/95, BauR 1997, 335 = ZfBR 1997, 145; Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206).

(1) Der Reiseveranstalter kann den Reisepreis einseitig nur erhöhen, wenn

1.
der Vertrag diese Möglichkeit vorsieht und zudem einen Hinweis auf die Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Senkung des Reisepreises nach Absatz 4 Satz 1 sowie die Angabe enthält, wie Änderungen des Reisepreises zu berechnen sind, und
2.
die Erhöhung des Reisepreises sich unmittelbar ergibt aus einer nach Vertragsschluss erfolgten
a)
Erhöhung des Preises für die Beförderung von Personen aufgrund höherer Kosten für Treibstoff oder andere Energieträger,
b)
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c)
Änderung der für die betreffende Pauschalreise geltenden Wechselkurse.
Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar und verständlich über die Preiserhöhung und deren Gründe zu unterrichten und hierbei die Berechnung der Preiserhöhung mitzuteilen. Eine Preiserhöhung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und die Unterrichtung des Reisenden nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn erfolgt.

(2) Andere Vertragsbedingungen als den Reisepreis kann der Reiseveranstalter einseitig nur ändern, wenn dies im Vertrag vorgesehen und die Änderung unerheblich ist. Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar, verständlich und in hervorgehobener Weise über die Änderung zu unterrichten. Eine Änderung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und vor Reisebeginn erklärt wird.

(3) § 308 Nummer 4 und § 309 Nummer 1 sind auf Änderungsvorbehalte nach den Absätzen 1 und 2, die durch vorformulierte Vertragsbedingungen vereinbart werden, nicht anzuwenden.

(4) Sieht der Vertrag die Möglichkeit einer Erhöhung des Reisepreises vor, kann der Reisende eine Senkung des Reisepreises verlangen, wenn und soweit sich die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Preise, Abgaben oder Wechselkurse nach Vertragsschluss und vor Reisebeginn geändert haben und dies zu niedrigeren Kosten für den Reiseveranstalter führt. Hat der Reisende mehr als den hiernach geschuldeten Betrag gezahlt, ist der Mehrbetrag vom Reiseveranstalter zu erstatten. Der Reiseveranstalter darf von dem zu erstattenden Mehrbetrag die ihm tatsächlich entstandenen Verwaltungsausgaben abziehen. Er hat dem Reisenden auf dessen Verlangen nachzuweisen, in welcher Höhe Verwaltungsausgaben entstanden sind.

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Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung herleiten, dass das Reiseunternehmen Ausgleichsleistungen zu erbringen hätte. Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen der Verordnung erfüllt, davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht. Auch insoweit erscheint die Auslegung nicht zweifelhaft. Die Vorschrift greift bereits nach ihrem Wortlaut erst, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen die es gesetzlich aus Art. 7 ff. der Verordnung treffenden Verpflichtungen erfüllt. Erst dann handelt das ausführende Luftfahrtunternehmen mit Wirkung für und gegen den Reiseveranstalter, und nicht schon, wie die Revision meint, bei Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung. Dies erlangt etwa Bedeutung, wenn das Luftfahrtunternehmen dem Reisenden den Flugpreis gemäß Art. 8 Abs. 1 und 2 der Verordnung erstattet oder - was auch das Berufungsgericht angenommen hat - die Ausgleichs-, Unterstützungs- und Betreuungsleistungen mangelhaft erbringt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 111/12 Verkündet am:
30. Juli 2013
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FluggastrechteVO Art. 7, Art. 8, Art. 12
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung
von Art. 7 und Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates
über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste
im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von
Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 vom 11. Februar 2004
(ABl. EG L 46 vom 17. Februar 2004 S. 1 ff.) folgende Fragen vorgelegt:
1. Kann ein vom nationalen Recht gewährter Schadensersatzanspruch, der
auf die Erstattung von zusätzlichen Reisekosten gerichtet ist, die wegen
Annullierung eines gebuchten Fluges angefallen sind, auf den Augleichsanspruch
aus Art. 7 der Verordnung angerechnet werden, wenn das Luftfahrtunternehmen
seine Verpflichtungen nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung
erfüllt hat?
2. Wenn eine Anrechnung möglich ist: Gilt dies auch für die Kosten der Ersatzbeförderung
zum Endziel der Flugreise?
3. Soweit eine Anrechnung möglich ist: Kann das Luftfahrtunternehmen sie
stets vornehmen oder ist sie davon abhängig, inwiefern das nationale
Recht sie zulässt oder das Gericht sie für angemessen erachtet?
4. Soweit nationales Recht maßgeblich ist oder das Gericht eine Ermessensentscheidung
zu treffen hat: Sollen durch die Ausgleichszahlung
nach Art. 7 der Verordnung nur die Unannehmlichkeiten und der von den
Fluggästen infolge der Annullierung erlittene Zeitverlust oder auch materielle
Schäden ausgeglichen werden?
BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - X ZR 111/12 - LG Potsdam
AG Königs Wusterhausen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 11. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann und
die Richterin Schuster

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung von Art. 7 und Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichsund Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 vom 11. Februar 2004 (ABl. EG L 46 vom 17. Februar 2004 S. 1 ff.) folgende Fragen vorgelegt: 1. Kann ein vom nationalen Recht gewährter Schadensersatzanspruch, der auf die Erstattung von zusätzlichen Reisekosten gerichtet ist, die wegen Annullierung eines gebuchten Fluges angefallen sind, auf den Ausgleichsanspruch aus Art. 7 der Verordnung angerechnet werden, wenn das Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung erfüllt hat? 2. Wenn eine Anrechnung möglich ist: Gilt dies auch für die Kosten der Ersatzbeförderung zum Endziel der Flugreise? 3. Soweit eine Anrechnung möglich ist: Kann das Luftfahrtunternehmen sie stets vornehmen oder ist sie davon abhängig, inwiefern das nationale Recht sie zulässt oder das Gericht sie für angemessen erachtet? 4. Soweit nationales Recht maßgeblich ist oder das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen hat: Sollen durch die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung nur die Unannehmlichkeiten und der von den Fluggästen infolge der Annullierung erlittene Zeitverlust oder auch materielle Schäden ausgeglichen werden?

Gründe:


A. Der Kläger buchte für sich und seine Familie bei dem beklagten
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Luftfahrtunternehmen für den 27. März 2010 einen Flug von B. nach M. , dessen Start für 6.35 Uhr vorgesehen war. Bei der Ankunft am Flughafen erfuhren die drei Reisenden, dass die Beklagte den gebuchten Flug annulliert hatte, und buchten bei einem anderen Luftfahrtunternehmen einen Ersatzflug nach Be. . Da die Reisenden ein an demselben Tag um 16 Uhr in G. ablegendes Kreuzfahrtschiff erreichen wollten, dies mit dem Ersatzflug jedoch nicht möglich war, fuhren sie von Be. über M. und R. nach C. , wo sie übernachteten und am nächsten Tag das planmäßig dort anlegende Kreuzfahrtschiff bestiegen. Der Kläger hat aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Mitrei2 senden die Kosten für den Ersatzflug, den Weitertransport nach C. , Übernachtung und Verpflegung sowie eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (nachfolgend: Verordnung) geltend gemacht. Die Beklagte hat die Pflicht zur Erstattung der entstandenen Kosten, die den Ausgleichsanspruch überstiegen, anerkannt und sich wegen des Ausgleichsanspruchs auf Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung berufen. Das Amtsgericht hat die Beklagte daraufhin entsprechend ihrem Anerkenntnis zur Erstattung der Kosten verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Ausgleichsanspruchs gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Ausgleichsanspruch weiter. B. Die Entscheidung über die Revision hängt davon ab, ob und
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gegebenenfalls inwieweit oder unter welchen Voraussetzungen ein nach nationalem Recht vorgesehener Anspruch, der auf die Erstattung von zusätzlichen Reisekosten gerichtet ist, die wegen Annullierung eines gebuchten Fluges angefallen sind, nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung auf einen Ausgleichsanspruch aus Art. 7 der Verordnung anzurechnen ist. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe die
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Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung nicht zu, da er und seine die beiden Mitreisenden von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und ihren durch die Annullierung entstandenen Schaden konkret berechnet hätten. Mit dessen Ausgleich werde ihnen der gesamte Schaden, der durch die Verletzung der vertraglichen Pflichten der Beklagten entstanden sei, ersetzt. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehe daneben nicht mehr, da der Fluggast nicht eine über den von ihm selbst gewählten und konkret dargelegten Schadensbetrag hinausgehende Leistung und damit mehr als dasjenige erhalten solle, was er infolge der Verletzung der Pflichten nach der Verordnung eingebüßt habe. II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur dann stand,
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wenn das Luftfahrtunternehmen, obwohl die Voraussetzungen des Art. 7 der Verordnung für eine Ausgleichszahlung erfüllt sind, gleichwohl zu keiner Zahlung verpflichtet ist, wenn ein nach nationalem Recht gewährter Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die Annullierung und eine deshalb erforderlich gewordene Änderung der Reiseplanung entstanden ist, den Betrag der Ausgleichszahlung übersteigt. 1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet hat
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das Berufungsgericht angenommen, dass die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung für einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung vorliegen, da die Beklagte den Flug annulliert und hierüber nicht rechtzeitig informiert hatte. Außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung sind nicht geltend gemacht. 2. Ebenso hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass
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der Kläger von der Beklagten für sich und seine Mitreisenden Erstattung der Kosten verlangen kann, die wegen der Annullierung des gebuchten Fluges und der deshalb erfolgten Änderung der Reiseplanung entstanden sind. Das Berufungsgericht musste die Beklagte auf ihr Anerkenntnis hin zur Zahlung dieser Kosten verurteilen, ohne zu einer sachlichen Prüfung des Anspruchs berechtigt oder verpflichtet gewesen zu sein (§ 307 der Zivilprozessordnung - ZPO). 3. Die Beklagte ist damit nur dann nicht zur Zahlung des Aus8 gleichsanspruchs gemäß Art. 7 der Verordnung an den Kläger verpflichtet, wenn der Schadensersatzanspruch in voller oder in einer den Ausgleichsanspruch erreichenden Höhe auf diesen anrechenbar sind. Dies kann der Senat nicht entscheiden, ohne zuvor dem Gerichtshof der Europäischen Union die in der Beschlussformel genannten Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.
a) Allerdings hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen,
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dass eine Anrechnung nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil die Beklagte zunächst den Anspruch auf Ersatz des weitergehenden Schadens erfüllt hat und sich bezüglich des noch offenen Ausgleichsanspruchs gemäß Art. 7 der Verordnung auf die Anrechnung gemäß deren Art. 12 Abs. 1 Satz 2 beruft. Zwar ist Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung, der nach seinem
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Wortlaut lediglich vorsieht, dass die gemäß Art. 7 der Verordnung gewährte Ausgleichsleistung auf einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung angerechnet werden kann, eine Ausnahmebestimmung , die die Ansprüche der Fluggäste einschränkt, und deshalb generell eng auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2012 - C-22/11, NJW 2013, 361 Rn. 38 - Finnair Oyi/Lassooy). Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung soll aber verhindern, dass der Fluggast neben der Ausgleichsleistung gemäß Art. 7 der Verordnung den Ersatz weitergehenden Schadens verlangen kann, ohne dass es darauf ankommt, welche der beiden Ansprüche das Luftfahrtunternehmen zuerst erfüllt hat. Dies ergibt sich aus der Begründung der Vorschrift, die bei deren Auslegung zu berücksichtigen ist (EuGH, Urteil vom 19. November 2009 - C-402/07, C-432/07, NJW 2010, 43 Rn. 42 - Sturgeon/Condor Flugdienst-GmbH und Böck/Air France SA). Nach der Stellungnahme der Kommission vom 11. August 2003 gemäß Art. 251 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchst. c EG-Vertrag zu den Abänderungen des Europäischen Parlaments betreffend den Vorschlag für die Verordnung (COD (2001) 305, dort unter 4.2, betreffend Abänderung 15) (nachfolgend: Stellungnahme der Kommission) sollte Art. 12 Abs. 1 Satz 2 beibehalten werden, damit die Gerichte verhindern könnten, dass dem Luftfahrtunternehmen ein doppelter Schadensersatz auferlegt werde (gerichtlich verhängter Schadensersatz zuzüglich der Ausgleichsleistung nach der vorgeschlagenen Verordnung). Dieses Ziel erfordert, auch den gewährten Ersatz weitergehenden Schadens auf die Ausgleichsleistung anzurechnen. Zudem hinge andernfalls der Umfang der Ansprüche von der Rei11 henfolge der Geltendmachung ab: Setzte der Fluggast zunächst die Ansprüche auf weitergehenden Schadensersatz durch, könnte er anschließend die volle Ausgleichszahlung von der Fluggesellschaft verlangen. Setzt er hingegen zuerst die Ausgleichsleistung durch, könnte er anschließend bis zur Höhe der Ausgleichsleistung keine Ansprüche auf weitergehenden Schadensersatz durchsetzen, weil die Anrechnungsvorschrift zum Zuge käme. Dies wäre nicht sachgerecht.
b) Eine Anrechnung des Schadensersatzanspruchs wegen der
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Kosten der geänderten Reiseplanung auf den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das beklagte Luftfahrtunternehmen seine Pflichten zum Angebot von Unterstützungsleistungen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 der Verordnung verletzt hätte. Denn eine Verletzung der Pflichten der Beklagten nach Art. 8 der Verordnung ist nicht festgestellt. Vielmehr hat sich der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus eigenem Antrieb um eine anderweitige Beförderung bemüht.
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III. Damit kommt es für die Entscheidung im Revisionsverfahren darauf an, ob und gegebenenfalls inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine Anrechnung der Kosten einer geänderten Reiseplanung auch dann ausscheidet, wenn das Luftfahrtunternehmen seine Pflichten nach Art. 8 und 9 der Verordnung nicht verletzt hat, beispielsweise weil der Fluggast eine Erstattung des Flugpreises verlangt hat. 1. Zunächst stellt sich die Frage, ob ein Schadensersatzanspruch,
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der auf die Erstattung der Kosten einer geänderten Reiseplanung gerichtet ist, grundsätzlich von einer Anrechnung ausgeschlossen ist.
a) Nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung werden den betroffenen
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Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Art. 8 sowie gegebenenfalls Art. 9 der Verordnung angeboten sowie zusätzlich ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Art. 7 der Verordnung eingeräumt. Die Verpflichtung, dem Fluggast nach seiner Wahl die Erstattung des Flugpreises mit gegebenenfalls einem Rückflug zum ersten Abflugort oder eine anderweitige Beförderung zum Endziel anzubieten, und die Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung stehen mithin nebeneinander. Lediglich wenn die Differenz zwischen der vorgesehenen und der tatsächlichen Ankunftszeit am Endziel die in Art. 7 Abs. 2 genannten Stundenzahlen unterschreitet, kann die Ausgleichszahlung um die Hälfte gekürzt werden. Damit hätte die Beklagte, wenn sie den Reisenden die von ihnen in Anspruch genommene Beförderung nach Be. mit anschließender Weiterreise nach M. als anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt (Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung) angeboten hätte, neben dieser Leistung auch die volle Ausgleichszahlung erbringen müssen, da die Reisenden in M. deutlich später als zwei Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit (Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung) eintrafen.
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b) Das Ergebnis wäre kein anderes, wenn die Beklagte ihre Verpflichtung zum Angebot einer anderweitigen Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung verletzt hätte und deshalb den Reisenden zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens in Gestalt der für eine selbst organisierte anderweitige Beförderung entstandenen Aufwendungen verpflichtet wäre. Auch in diesem Fall ständen die Pflicht zum Ersatz des entstande17 nen Schadens und der Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 nebeneinander (Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 28. Juni 2011 in der Rs. C-83/10 Rn. 64). Es handelt sich bei dem Anspruch auf Ersatz des durch die Verletzung der Pflicht aus Art. 8 der Verordnung (und gegebenenfalls Art. 9 der Verordnung) entstandenen Schadens nicht um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch, der nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung auf einen Ausgleichsanspruch anrechenbar wäre (EuGH, Urteile vom 13. Oktober 2011 - C-83/10, NJW 2011, 3776 Rn. 44 - Sousa Rodríguez u.a./Air France und vom 31. Januar 2013 - Rs. C-12/11, NJW 2013, 921 Rn. 20 bis 24 - McDonagh/Ryanair Ltd). Nur dann, wenn der Anspruch auf Ersatz der Kosten wegen Verletzung der Pflichten aus Art. 8 und 9 der Verordnung nicht der Anrechnung gemäß deren Art. 12 Abs. 1 Satz 2 unterliegt, wird sichergestellt, dass das Luftfahrtunternehmen nicht sanktionslos seine Pflicht zur Bereitstellung der Betreuungs- und Unterstützungsleistungen verletzt (Generalanwältin Sharpston, aaO Rn. 63 und

64).


c) Nicht geklärt ist hingegen, ob eine Anrechnung der Kosten der
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geänderten Reiseplanung auch dann ausscheidet, wenn das Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen nach den Art. 8 und 9 der Verordnung nicht verletzt hat.
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(1) Dafür, dass die Anrechenbarkeit nur ausgeschlossen ist, wenn das Luftfahrtunternehmen seine Pflichten nach Art. 8 oder Art. 9 der Verordnung nicht erfüllt hat, spricht, dass nur in diesem Fall die Verpflichtung, deren Verletzung den Erstattungsanspruch begründet, dem Luftfahrtunternehmen neben der Ausgleichspflicht nach Art. 7 der Verordnung oblag. Ein Fehlanreiz, der das Luftfahrtunternehmen veranlassen könnte, seine Pflicht zu Betreuungs- und Unterstützungspflichten zu vernachlässigen, würde folglich durch die Anrechnung nicht gesetzt. Zudem spricht gegen einen Ausschluss der Anrechnung, dass die Kosten einer vom Fluggast selbst organisierten Ersatzbeförderung die Kosten einer anderweitigen Beförderung durch das Luftfahrtunternehmen selbst - unter Umständen beträchtlich - übersteigen können. Das Luftfahrtunternehmen, das neben den vollen Kosten einer anderweitigen Beförderung durch ein anderes Luftfahrtunternehmen auch die Ausgleichszahlung zu erbringen hätte, könnte mithin auch ohne eine Verletzung seiner Pflichten nach den Art. 8 und 9 der Verordnung erheblich belastet werden. (2) Demgegenüber spricht gegen eine Anrechnung, dass der Aus20 gleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung im Fall der Annullierung des Fluges gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung dem Ausgleich der Unannehmlichkeiten dient, die die Fluggäste durch den eintretenden Zeitverlust erleiden (EuGH, Sturgeon, aaO Rn. 51 bis 54; Nelson, aaO Rn. 34; EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-11/11, NJW 2013, 1291 Rn. 32, 39 - Air France SA/Folkerts). Für die Ausgleichswürdigkeit des Zeitverlustes und der Unannehmlichkeiten, die nach der Verordnung die Ausgleichsleistung gemäß Art. 7 der Verordnung im Fall der Annullierung des Fluges rechtfertigt , ist es ohne Bedeutung, ob der Fluggast daneben Kosten für die Ersatzbeförderung zum Endziel deshalb aufwendet, weil das Luftfahrtunternehmen seine Pflichten aus Art. 8 der Verordnung verletzt hat, oder deshalb , weil der Fluggast beispielsweise von dem Angebot des Luftfahrtunternehmens auf Ersatzbeförderung keinen Gebrauch macht, sondern die Ersatzbeförderung zum Endziel der Flugreise selbst organisiert, solange dies nichts daran ändert, dass er sein Endziel mit erheblicher Verspätung erreicht. 2. Sollte deshalb eine Anrechnung der Kosten einer geänderten
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Reiseplanung grundsätzlich in Betracht kommen, könnte jedoch zu differenzieren sein zwischen den Kosten der Ersatzbeförderung zum Endziel der Flugreise und weiteren Kosten. Das beklagte Luftfahrtunternehmen hat nicht nur die Kosten erstattet, die den Reisenden für die Beförderung zum planmäßigen Endziel der Flugreise entstanden sind, sondern auch weitere Kosten, nämlich solche der Weiterbeförderung von M. über R. nach C. sowie Übernachtungs- und Verpflegungskosten dort, die erforderlich waren, damit der Kläger und seine Familie das Kreuzfahrtschiff im zweiten Hafen doch noch erreichen konnten.
a) Es könnten lediglich solche Kostenpositionen von einer An22 rechnung auf die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung ausgeschlossen sein, die auch als Kosten einer anderweitigen Beförderung im Sinne von Art. 8 der Verordnung nicht angerechnet werden dürften. Art. 5 Abs. 1 der Verordnung könnte die Wertung zu entnehmen
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sein, dass das Luftfahrtunternehmen im Falle der Annullierung des Fluges neben der Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung, die dem Ausgleich der Unannehmlichkeiten und des Zeitverlustes dient, lediglich zur vollständigen Erstattung der Art. 8 (und gegebenenfalls Art. 9 ) der Verordnung unterfallenden Kostenpositionen verpflichtet sein soll. Für eine Anrechnung der Kostenpositionen, die auch im Rahmen der Art. 8 und Art. 9 der Verordnung nicht vom Luftfahrtunternehmen zu tragen sind, spricht, dass andernfalls im Fall der Annullierung die in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung ausdrücklich vorgesehene gegenseitige Anrechnung von weitergehendem Schadensersatz und Ausgleichszahlung weit- gehend leerlaufen und eine Abgrenzung zu anderen, anrechenbaren Schadensposition schwierig sein könnte.
b) Demgegenüber könnten jedoch auch sämtliche Kosten, die
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dem Fluggast durch eine infolge der Annullierung erforderliche Änderung der Reiseroute entstanden sind, von dem Luftfahrtunternehmen neben der Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung zu erstatten sein, ohne dass eine gegenseitige Anrechnung gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung erfolgen dürfte. Der Gerichtshof hat ausgeführt (EuGH, Sturgeon, aaO Rn. 51 bis
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54; Nelson, aaO Rn. 34; Folkerts, aaO Rn. 32, 39), Zweck des Ausgleichsanspruchs nach Art. 7 der Verordnung sei, die Unannehmlichkeiten auszugleichen, die die Fluggäste durch den eintretenden Zeitverlust erleiden. Für die Ausgleichswürdigkeit des Zeitverlustes und der annullierungsbedingten Unannehmlichkeiten ist die Differenzierung der Schadenspositionen nicht von Bedeutung. Die weiteren Kosten, die die Fluggäste aufwenden mussten, um den mit der Flugreise verfolgten weiteren Zweck zu erreichen, sind unter diesem Blickwinkel lediglich Ausdruck weiterer Unannehmlichkeiten und Komplikationen, die durch die Annullierung ausgelöst worden sind. 3. Sollten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung entweder
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sämtliche durch die Annullierung des Fluges verursachten und dem Kläger ersetzten Kosten oder jedenfalls diejenigen Kosten, die nicht der Ersatzbeförderung zum Endziel der Flugreise dienten, auf den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung anrechenbar sein, kommt es für die Entscheidung des Revisionsverfahrens schließlich darauf an, ob das Luftfahrtunternehmen die Anrechnung ohne weiteres vornehmen kann oder ob sie von weiteren Voraussetzungen abhängig ist, insbesondere davon, ob und gegebenenfalls inwiefern das nationale Recht sie zulässt.
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a) Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung könnte dahin zu verstehen sein, dass das Luftfahrtunternehmen das Recht hat, die Anrechnung vorzunehmen, und das Gericht hieran gebunden ist.
b) Die Vorschrift könnte aber auch dahin zu verstehen sein, dass
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das nationale Recht nicht nur weitergehende Schadensersatzansprüche zulassen (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung), sondern auch - soweit sich aus der Verordnung nichts anderes ergibt (Fragen 1 und 2) - bestimmen kann, ob und gegebenenfalls inwieweit diese auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen sind. Dafür spricht die Befugnis des nationalen Gesetzgebers, weiterge29 hende Schadensersatzansprüche vorzusehen. Wenn der nationale Gesetzgeber darin frei ist, solche weitergehende Ansprüche zu schaffen oder hiervor abzusehen, liegt es nahe, ihm auch die Befugnis zuzubilligen, eine Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch vorzusehen. Dies entspräche der Sache nach einem Anspruch auf weitergehenden Schadensersatz, den das nationale Recht nur in Höhe eines den Ausgleichsanspruch übersteigenden Betrags vorsähe.
c) Schließlich könnte Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung dahin
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zu verstehen sein, dass die Gerichte über die gegenseitige Anrechenbarkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung sich aus der Verordnung selbst ergebender Wertungen zu entscheiden haben. Die Kommission ging in ihrer Stellungnahme zu Art. 12 Abs. 1
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Satz 2 der Verordnung (aaO, unter 4.2 zu Abänderung 15) davon aus, die Anrechnung ermögliche es den Gerichten, zu verhindern, dass Luftfahrtunternehmen ein doppelter Schadensersatz auferlegt werde, was für eine - vom nationalen Recht unabhängige - Entscheidungsbefugnis der Gerichte spricht. Entsprechend wird angenommen, dass es stets Sache des zuständigen Gerichts sei, zu entscheiden, ob eine Anrechnung unter den Umständen des Einzelfalls angemessen sei (Generalanwältin Sharpston, aaO Rn. 64). Zur Frage der Anrechenbarkeit hat die Generalanwältin im dort vorliegenden Fall weiter ausgeführt (aaO Rn. 64), eine gegenseitige Anrechnung des Ausgleichsanspruchs gemäß Art. 7 der Verordnung und des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung von Art. 8 und Art. 9 der Verordnung sei unangemessen, da es sich nach der Verordnung um kumulative Verpflichtungen handele. Gegen eine vom nationalen Recht unabhängige Entscheidung der
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Gerichte über die Anrechnung spricht jedoch, dass die Verordnung, soweit nicht eine Verletzung der Pflichten des Luftfahrtunternehmens nach Art. 8 und 9 in Rede steht, hierfür in Art. 12 Abs. 1 keine Kriterien vorgibt und es im Übrigen dem nationalen Recht überlässt, ob es überhaupt weitergehende Schadensersatzansprüche vorsieht. Hierzu könnte eine vom nationalen Recht unabhängige Ermessenentscheidung der Gerichte in Widerspruch treten. 4. Sollte über die Anrechnung von den Gerichten nach nationalem
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Recht zu entscheiden sein oder das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen haben, kommt es schließlich darauf an, welche Beeinträchtigungen durch die Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung kompensiert werden sollen.
a) Das deutsche Recht enthält zur Frage der Anrechnung einer
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Ausgleichszahlung auf einen weitergehenden Schadensersatzanspruch (oder umgekehrt) keine ausdrücklichen Vorschriften. Auf der Grundlage allgemeiner Grundsätze des Schadensersatzrechts sind unter bestimmten Voraussetzungen Vorteile, die bei dem Geschädigten durch den Schadensfall eingetreten sind, auf seinen Schadensersatzanspruch anzurechnen. Voraussetzung einer solchen Anrechnung ist, dass sie dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht. Die Anrechnung darf den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen. Die Anrechnung erfolgt dabei hinsichtlich einzelner Scha- denspositionen, wenn der Vorteil mit einem bestimmten Nachteil korrespondiert , der Schadensposten bei wertender Betrachtung dem Vorteil zuordenbar ist (BGH, Urteil vom 6. Juni 1997 - V ZR 115/96, NJW 1997, 2378 mwN). Eine Anrechnung scheidet mangels Zuordenbarkeit der Schadensposten aus, wenn dies dem Zweck des jeweiligen Schadensausgleichs nicht entspricht. So verbietet es der Zweck eines Schmerzensgeldes als einer Entschädigung für die immateriellen Nachteile des Verletzten , eine Entschädigung für Vermögensverluste als das Schmerzensgeld mindernd zu berücksichtigen und hierdurch Ersatzleistungen für den materiellen Schaden auf immaterielle Nachteile anzurechnen. Ebenso wenig kann umgekehrt ein eingetretener Vermögensschaden mit immateriellen Vorteilen ausgeglichen werden (BGH, Urteil vom 9. März 1982 - VI ZR 1317/80, NJW 1982, 1589, 1590). Da der dem Kläger gewährte Ersatz weitergehenden Schadens
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gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung dem Ersatz der durch die Annullierung verursachten Vermögensschäden dient, wäre seine Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 der Verordnung ausgeschlossen , wenn dieser nur dem Ausgleich immaterieller Schäden der Fluggäste diente. Demgegenüber käme eine - gegebenenfalls teilweise - Anrechnung in Betracht, wenn durch den Ausgleichsanspruch - beispielsweise in Gestalt eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs - nicht nur die durch die Annullierung verursachten Unannehmlichkeiten und der Zeitverlust der Fluggäste, sondern in pauschalierter Form auch von diesen erlittene materielle Schäden ausgeglichen werden sollen. Auf die Frage, welche Schäden der Ausgleichsanspruch gemäß Art.
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7 der Verordnung kompensieren soll, könnte es auch ankommen, falls die nationalen Gerichte über die Anrechnung im Einzelfall unter Berücksichtigung sich aus der Verordnung selbst ergebender Wertungen zu entscheiden hätten. Diente der Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 der Verordnung ausschließlich der Kompensation der durch die Annullierung verursachten Unannehmlichkeiten insbesondere infolge des Zeitverlustes (EuGH, Sturgeon , aaO Rn. 54, 72), könnte es angemessen sein, im zu entscheidenden Fall beide Leistungen ohne gegenseitige Anrechnung zu gewähren. Sollen sowohl materielle als auch immaterielle Schäden ausgeglichen werden, käme gegebenenfalls auch eine teilweise Anrechnung in Betracht.
b) Welche Schäden die Ausgleichsleistung gemäß Art. 7 der Ver37 ordnung kompensieren soll, ist nicht hinreichend geklärt. (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat ausgeführt, dass
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die Fluggäste erheblich verspäteter Flüge bezüglich der Anwendung des Ausgleichsanspruchs gemäß Art. 7 der Verordnung den Fluggästen annullierter Flüge gleichzustellen seien, da sie ähnliche Unannehmlichkeiten in Form eines Zeitverlusts erlitten und sich somit im Hinblick auf die Anwendung des in Art. 7 der Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruchs in einer vergleichbaren Lage befänden (EuGH, Sturgeon, aaO Rn. 54, 60; Nelson, aaO Rn. 34, 48; Folkerts, aaO Rn. 32 ). Die pauschale Ausgleichszahlung ermögliche den Ausgleich eines von den Fluggästen erlittenen Zeitverlusts (EuGH, Nelson, aaO Rn. 74). Daraus könnte der Schluss zu ziehen sein, dass durch die Ausgleichszahlung nur immaterielle Schäden in Form von Unannehmlichkeiten infolge des Zeitverlusts kompensiert werden sollen. (2) Demgegenüber könnte die Ausgleichsleistung auch als pau39 schalierter Ersatz entstandener materieller und immaterieller Schäden verstanden werden. Es handelt sich bei den in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen, und damit auch bei der Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung, um standardisierte Maßnahmen, durch die sofort - ohne die Mühen gerichtlicher Geltendmachung - der Schaden wieder gutgemacht werden soll, den die Annullierung oder die erhebliche Verspätung zur Folge hat (EuGH, Rodríguez, aaO Rn. 39; Urteil vom 10. Januar 2006 - C-34/04, The Queen, auf Antrag von International Air Transport Association, European Low Fares Airline Association / Department for Transport, NJW 2006, 351 - Rn. 45, 82; Nelson, aaO Rn. 46). Daher könnte die Ausgleichszahlung auch dazu dienen, es dem Fluggast zu ermöglichen, Ersatz seiner materiellen Schäden zu erlangen, ohne im Einzelnen aufwendig deren Höhe darzulegen und zu beweisen. Meier-Beck Grabinski Bacher Richter am Bundesgerichtshof Hoffmann kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Meier-Beck Schuster
Vorinstanzen:
AG Königs Wusterhausen, Entscheidung vom 08.12.2010 - 9 C 274/10 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 15.08.2012 - 13 S 24/11 -

(1) Der Reiseveranstalter kann durch Vereinbarung mit dem Reisenden seine Haftung für solche Schäden auf den dreifachen Reisepreis beschränken, die

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keine Körperschäden sind und
2.
nicht schuldhaft herbeigeführt werden.

(2) Gelten für eine Reiseleistung internationale Übereinkünfte oder auf solchen beruhende gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Leistungserbringer nur unter bestimmten Voraussetzungen oder Beschränkungen entsteht oder geltend gemacht werden kann oder unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen ist, so kann sich auch der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden hierauf berufen.

(3) Hat der Reisende gegen den Reiseveranstalter Anspruch auf Schadensersatz oder auf Erstattung eines infolge einer Minderung zu viel gezahlten Betrages, so muss sich der Reisende den Betrag anrechnen lassen, den er aufgrund desselben Ereignisses als Entschädigung oder als Erstattung infolge einer Minderung nach Maßgabe internationaler Übereinkünfte oder von auf solchen beruhenden gesetzlichen Vorschriften erhalten hat oder nach Maßgabe

1.
der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1),
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14),
3.
der Verordnung (EG) Nr. 392/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See (ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 24),
4.
der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1) oder
5.
der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 1).
Hat der Reisende vom Reiseveranstalter bereits Schadensersatz erhalten oder ist ihm infolge einer Minderung vom Reiseveranstalter bereits ein Betrag erstattet worden, so muss er sich den erhaltenen Betrag auf dasjenige anrechnen lassen, was ihm aufgrund desselben Ereignisses als Entschädigung oder als Erstattung infolge einer Minderung nach Maßgabe internationaler Übereinkünfte oder von auf solchen beruhenden gesetzlichen Vorschriften oder nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Verordnungen geschuldet ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)