Aktuelle Gesetzgebung: Das familienrechtliche Verfahren soll reformiert werden

bei uns veröffentlicht am29.06.2007

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Familienrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Das Bundeskabinett hat eine grundlegende Reform familienrechtlicher Verfahren beschlossen. Darüber hinaus soll das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuung, Unterbringung, Nachlass, Register, Freiheitsentziehung) neu geregelt werden. Das Gesetzesvorhaben soll Mitte 2009 in Kraft treten.

I. Reform des familiengerichtlichen Verfahrens

Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen soll erstmals in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und inhaltlich vollständig neu geregelt werden. So sind u.a. folgende Änderungen vorgesehen:

  • Dringliche Kindschaftssachen, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht müssen vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Beiden Elternteilen soll der Umgang mit dem Kind auch während eines anhängigen Verfahrens möglich sein, damit die Beziehung nicht leidet. Die Verfahrensdauer in umgangsrechtlichen Verfahren (2005: im Schnitt 6,8 Monate) soll verkürzt werden. Einvernehmliche Lösungen der Eltern werden gefördert und auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt.

  • Die Verfahren sollen zeitnah verhandelt werden. Das Gericht soll den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern. Erste Priorität soll die einvernehmliche Lösung des Konflikts haben. Gelingt dies nicht, muss das Gericht über eine einstweilige Anordnung nachdenken. Gerade in Fragen des Umgangsrechts muss schnell entschieden werden, damit der Kontakt zwischen Kind und nicht betreuendem Elternteil aufrechterhalten wird und die Beziehung keinen Schaden nimmt.

  • In Fällen von Kindeswohlgefährdung soll das Gericht früher als bisher eingeschaltet werden können. Es soll mit den Eltern ein sogenanntes „Hilfegespräch“ führen, um zu klären, wie die Familie unterstützt werden kann. Auch diese Fälle müssen im Interesse der Kinder vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden.

  • Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes sollen verstärkt werden. In schwierigen Fällen soll das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt werden. Dessen Aufgabe ist es, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger kann der Verfahrensbeistand eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung – etwa durch Gespräche mit den Eltern – beitragen.

  • Weiterhin soll die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren erweitert werden. Pflegepersonen – z.B. Pflegeeltern – sollen künftig in allen das Kind betreffenden Verfahren hinzugezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit bei ihnen lebt. In solchen Fällen wissen Pflegeeltern häufig besser über das Kind Bescheid als die Eltern.

  • Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen soll schneller und effektiver werden. Bei Verstößen gegen Sorge- und Umgangsentscheidungen sollen nicht mehr Zwangsmittel, sondern Ordnungsmittel verhängt werden. Diese können – anders als Zwangsmittel – auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden.

Beispiel: Trotz entsprechender Vereinbarung lässt eine Mutter das Kind über Ostern nicht zum getrennt lebenden Vater gehen. Wegen der Feiertage verhängt das Gericht erst nach Ostern ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen die Frau. Diesen Betrag muss sie zahlen, obwohl das Kind Ostern nicht mehr beim Vater verbringen kann. Anders beim Zwangsgeld: Dieses kann nur verhängt werden, solange sich die Verpflichtung auch tatsächlich durchsetzen lässt – also nur während der Ostertage, was in der Praxis schwierig sein dürfte.

  • Künftig soll es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht.

Beispiel: Aufgrund des Konflikts in der akuten Trennungssituation sind die Eltern nicht in der Lage, die Übergabemodalitäten beim Umgang einzuhalten. Diese Situation kann dadurch entschärft werden, dass der Umgangspfleger Zeit und Ort der Übergabe des Kindes festlegt, dieses von dem betreuenden Elternteil abholt, dem umgangsberechtigten Elternteil übergibt und später zurückbringt.

  • Mit dem Großen Familiengericht soll die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Damit können künftig alle Streitigkeiten, die Ehe und Familie betreffen, von einem Gericht entschieden werden. Derzeit sind die Familiengerichte zwar für Scheidungsverfahren, Unterhaltsfragen und Streitigkeiten aus ehelichem Güterrecht zuständig. Zahlreiche vermögensrechtliche Streitigkeiten, die für die Unterhaltspflicht oder den Zugewinnausgleich bedeutsam sind, fallen aber in die Zuständigkeit der Amts- und Landgerichte. Typische Fälle sind Streitigkeiten über den Ausgleich untereinander, wenn ein Ehepartner aus einem gemeinsamen Darlehen in Anspruch genommen wird, oder die Frage der Nutzungsentschädigung, wenn ein Ehegatte nach der Trennung die Wohnung allein weiter nutzt.

II. Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das geltende Verfahrensgesetz (FGG) für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz soll durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und – soweit möglich – einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt werden.

Die neue Verfahrensordnung soll erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten beschreiben und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sichern.

Zudem soll das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit neu strukturiert und effizienter gestaltet werden. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, soll die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet werden. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht soll durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ersetzt werden. Die Rechtsbeschwerde ist nach dem Gesetzesentwurf zuzulassen, wenn eine Entscheidung geboten ist, um das Recht zu vereinheitlichen oder fortzubilden. Den Beteiligten wird damit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstmals der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet. Dieser soll dadurch viel stärker als bisher die Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Leitentscheidungen prägen und fortentwickeln, was mehr Rechtssicherheit für jeden Einzelnen bringt.


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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Abbruch eines Gebäudes, das im Bereich des Ensembles S.-straße liegt, einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bedarf, und ob diese Erlaubnis ggf. zu erteilen ist.

Das Anwesen des Klägers befindet sich auf dem Grundstück FlNr. 179, Gemarkung P., in der F.-straße ... Das Haus steht seit 2007 leer. Im Dezember 2008 zeigte der Kläger die Beseitigung des Gebäudes an und beantragte gleichzeitig die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Gebäudes mit einer Grundfläche von 70‚13 m² und einer Wohnfläche von 130‚03 m².

Nach Einschätzung des vom Beklagten eingeschalteten Landesamts für Denkmalpflege sei das Gebäude F.-straße ... Bestandteil des Ensembles S.-straße. Das Ensemble‚ das sich vom alten P.er Ortskern in östlicher Richtung gegen den Fuß des W. im ansteigenden Gelände des S. ausdehne und dessen Hauptachse - dem Bachlauf des F. folgend - die S.-straße und in deren Verlängerung die F.-straße (ehemals: Obere Gasse) darstelle‚ sei geprägt von seiner weitgehend einheitlichen Bebauung aus der Zeit nach dem großen Flächenbrand von 1863. Beim zeitnah erfolgten Wiederaufbau der bäuerlichen Anwesen sei aus Brandschutzgründen die in Holzbauweise errichtete Bautradition aufgegeben worden. An ihrer Stelle seien nunmehr verputzte Bruchsteinbauten mit ziegelgedeckten Steildächern getreten. Die historische Bebauung der F.-straße bestehe aus einer dicht aneinander gereihten‚ dem offenen Bachlauf des F. folgenden Zeile giebelständiger Bauernhäuser. Einige davon besäßen noch Giebeltennen. Das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete Gebäude F.-straße ...‚ ein zweigeschossiger‚ giebelständiger Satteldachbau mit breitem Dachvorstand und verziertem Giebelschrot gehöre zu jenem einheitlichen‚ das Ensemble in besonderer Weise prägenden Wiederaufbau nach dem großen Flächenbrand von 1863. Wie in einer sekundären Vermauerung am straßenseitigen Giebel noch ablesbar‚ gehöre das Gebäude zu den bäuerlichen Anwesen mit Giebeltenne. Als prägender baulicher Bestandteil des Ensembles aus der Zeit des Wiederaufbaus und aufgrund seines besonderen geschichtlichen Zeugniswertes gehöre das weitgehend intakt überlieferte Gebäude zu den das Ensemble S.-straße konstituierenden Bauten. Das Gebäude sei sanierungsfähig. Aufgrund seiner besonderen Bedeutung für das Ensemble S.-straße bzw. seiner Eigenschaft als Ensemble konstituierender Bau müssten gegen den Abbruch des historischen Anwesens erhebliche denkmalpflegerische Bedenken erhoben werden. Ergänzend wurde darauf hingewiesen‚ dass das Ensemble S.-straße nach einer jüngst erfolgten Überprüfung durch Abbrüche und Neubauten bereits massive Verluste im historischen, das Ensemble prägenden Baubestand, erfahren habe‚ die den Denkmalwert reduziert hätten. Weitere erhebliche Verluste an historischem das Ensemble konstituierenden Baubestand würden zum Verlust der Denkmaleigenschaft des Ensembles nach Art. 1 Abs. 3 DSchG führen. Der Bau- und Umweltausschuss des Beklagten beschloss am 16. Februar 2009, das gemeindliche Einvernehmen zum Bauantrag nicht zu erteilen. Am Schutz des Denkmalensembles S.-straße - wie aller anderen Denkmalensembles im Ortsbereich des Marktes - werde festgehalten.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 5. Juni 2009 unter Wiedergabe der Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege den Antrag auf denkmalpflegerische Erlaubnis zum Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens ab. Gewichtige Gründe sprächen für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes.

Auf Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid nach Einnahme eines Augenscheins aufgehoben und festgestellt‚ dass für die Beseitigung des Gebäudes eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht erforderlich sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für den Abbruch des Gebäudes sei eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht notwendig‚ weil ein denkmalgeschütztes Ensemble im hier maßgeblichen Bereich mangels Vorhandensein eines Einzelbaudenkmals nicht mehr vorliege. Der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2009 sei aufzuheben‚ weil er in seiner Begründung ausdrücklich das Gegenteil bestimmt habe. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen‚ weil die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis in einer solchen Konstellation nicht möglich sei. Die Zurückstellung des Bauantrags durch den Beklagten sei zwar fragwürdig, da zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid beantragt werden könne, es spräche jedoch nichts dagegen, die Frage, ob das klägerische Gebäude unter Denkmalschutz stehe, isoliert zu klären. Gebäudemehrheiten‚ zu denen kein Einzelbaudenkmal (mehr) gehöre‚ könnten zwar aus Gründen der Ortsbildpflege erhaltenswert sein; im Sinn des Denkmalschutzgesetzes könnten sie jedoch kein Ensemble sein‚ und zwar auch dann nicht‚ wenn sie unter Beachtung eines historischen Stadt-‚ Platz- oder Straßengrundrisses errichtet worden seien. Wolle man auch Gebäudemehrheiten ohne herausragende Einzelobjekte als Ensemble ansehen‚ was mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht Einklang zu bringen sei‚ so würden alle Gebäudemehrheiten‚ die insgesamt ein erhaltungswürdiges historisches Ortsbild ausmachen‚ zu den Ensembles gehören. Damit wäre die Grenze zur Ortsbildpflege überschritten. Zumal bei größeren Ensembles werde man‚ auch wenn der Wortlaut des Gesetzes das nicht zwingend erfordere‚ im Hinblick auf das Ziel des Gesetzes‚ die Baukultur der Vergangenheit zu erhalten‚ fordern müssen‚ dass eine angemessene Zahl von Einzelbaudenkmälern vorhanden sei. Im gesamten Bereich der F.-straße sowie im weiteren Verlauf der vom F.platz abzweigenden R.-straße‚ S.-straße und der B...gasse befinde sich jedoch kein Einzelbaudenkmal mehr. Die am Ende der B...gasse befindlichen drei Einzelbaudenkmäler sowie das am Ende der S.-straße (Nr. ...) eingetragene Gebäude‚ das möglicherweise ein Einzelbaudenkmal sei‚ lägen so weit von der F.-straße entfernt und abgekoppelt von jeder Blickbeziehung, dass sie das Orts-‚ Platz- oder Straßenbild in der F.-straße nicht mehr beeinflussen könnten. Hinzu komme‚ dass weite Bereiche des Ensembles bereits neu gebaut oder jedenfalls die Gebäude so verändert worden seien‚ dass sie das Ensemble nicht mehr prägen würden. Die Frage, ob die Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Nachweis der Unzumutbarkeit der Erhaltung des Gebäudes geeignet gewesen wäre, könne daher offen bleiben.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang. Für die Beseitigung des Gebäudes sei eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis‚ da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen würden. Dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 DSchG könne nicht zwingend entnommen werden‚ dass mindestens eine der zu einem Ensemble gehörenden baulichen Anlagen ein Einzeldenkmal sein müsse. Art. 1 Abs. 3 DSchG verlange nur‚ dass das Orts-‚ Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei. Dies lasse die Auslegung zu‚ dass nicht jede bauliche Anlage des Ensembles‚ sondern die baulichen Anlagen als Gesamtheit erhaltungswürdig sein müssten. Ausweislich der Kartierung des Landesamts für Denkmalpflege seien innerhalb des Ensembles S.-straße fünf bauliche Anlagen gemäß Art. 1 Abs. 2 DSchG als Baudenkmäler in die Denkmalliste eingetragen: Zwei Bauernhäuser (B...gasse ... und ...)‚ der A...brunnen (S.-straße)‚ der F.brunnen (F.platz) und eine Haustür (S.-straße ...). In drei Fällen (R.-straße ...‚ R.-straße ...‚ S.-straße ...) müsse die Denkmaleigenschaft der Bauten im Sinne des Art. 1 Abs. 2 DSchG noch geprüft werden. Bei 35 Gebäuden‚ vorwiegend ehemalige Bauernhäuser‚ sei eine Bausubstanz noch aus dem 19. Jahrhundert oder älter festzustellen. Diese Bauten seien als bauliche Anlagen mit besonderem Aussagewert ensemblekonstituierend und würden das Ensemble maßgeblich prägen. Der früher von den Anwohnern vielfach genutzte und heute zumindest noch in Teilbereichen offen geführte F.bach stelle einen weiteren Wert innerhalb des Ensembles dar. Das Landesamt für Denkmalpflege habe nach Einbindung des Landesdenkmalrats den Grund für die Anerkennung eines Denkmalensembles in der historischen, städtebaulichen und volkskundlichen Bedeutung des „Wiederaufbaus“ nach dem großen Brand im 19. Jahrhundert gesehen. Als prägender Bestandteil des Ensembles aus der Zeit des Wiederaufbaus und aufgrund seines besonderen geschichtlichen Zeugniswertes sei das weitgehend intakt überlieferte Gebäude eines der das Ensemble S.-straße konstituierenden Bauten. Auch ein Gebäude in einem Ensemble‚ das für sich genommen kein Denkmal sei‚ könne dann einen unverzichtbaren Bestandteil eines Ensembles bilden‚ wenn es die Geschichtlichkeit des Ortes und die Information über die früheren städtebaulichen Zusammenhänge unmittelbar verkörpere und so für die historische Erscheinungsweise des Ensembles von besonderer Bedeutung sei. Das Gebäude weise weder im statisch-konstruktiven noch in anderen Bereichen Schadensbilder auf‚ bei denen die Erhaltungsfähigkeit des Ensemblebaus in Frage gestellt wäre. Auch die an der rückwirkenden Giebelwand feststellbare Mauerfeuchte aufgrund des hier anstehenden Geländes könne im Rahmen einer Gesamtinstandsetzung des Anwesens beseitigt werden. Ein Abbruch sei aufgrund der besonderen Bedeutung des streitgegenständlichen Gebäudes für das Ensemble S.-straße nicht hinnehmbar. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten belege nicht die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Sanierung. Die vorliegende Kostenberechnung für die Sanierung des Bestandsgebäudes stelle sich aus denkmalfachlicher Sicht als überzogen dar und könne in wesentlichen Teilen nicht nachvollzogen werden.

Der Beklagte beantragt,

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. Juli 2010 die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger, der nach der Berufungsbegründung des Beklagten Anschlussberufung eingelegt hat, beantragt‚

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen sowie die beantragte denkmalpflegerische Erlaubnis zum Abbruch des bestehenden Anwesens F.-straße ... zu erteilen, soweit festgestellt werde, dass eine solche Erlaubnis erforderlich sei.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend das Vorliegen eines schützenswerten Ensembles verneint und dementsprechend eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für die Beseitigung des klägerischen Gebäudes nicht für erforderlich gehalten. Im Bereich des Gebäudes des Klägers liege kein schützenswertes Ensemble mehr vor. Die schützenswerten Bereiche lägen so weitab, dass das Orts-‚ Platz- oder Straßenbild in der F.-straße von den Einzeldenkmälern nicht mehr beeinflusst werden könne. Der Straßenzug‚ in dem kein Einzeldenkmal mehr feststellbar sei‚ sei davon nicht geprägt. Weite Bereiche des behaupteten Ensembles seien neu gebaut oder die Gebäude so verändert‚ dass sie nicht mehr als prägend angesehen werden könnten. Der behauptete Ensembleschutz sei im Ergebnis nichts anderes als Ortsbildpflege und nicht Denkmalpflege. Die Einzeldenkmäler F.brunnen und A...brunnen seien nicht geeignet‚ die Ensembleeigenschaft im Bereich des Anwesens des Klägers zu begründen. Allein Lage und Ausgestaltung dieser beiden Einzeldenkmäler belegten‚ dass hier nur die Brunnenanlage selbst und eine darum herum gegebene spezielle Platzsituation angesprochen sei. Im Übrigen sei der im Jahr 1899 gestiftete F.brunnen nahezu vollständig erneuert worden, der Brunnentrog abgetragen und neu geschalt und betoniert worden, so dass ein vollständiger Neubau des Brunnens vorliege. Nur die Brunnensäule entspreche noch dem ursprünglichen Zustand. Damit habe der Brunnen seine Denkmaleigenschaft weitestgehend verloren. Die Festlegung eines Ensembleumfangs sei nur dann mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 DSchG auch im Rahmen des Art. 1 Abs. 3 DSchG erfüllt seien. Nach den vom Beklagten erneut vorgelegten Unterlagen werde deutlich‚ dass in dem Bereich der F.-straße kein denkmalgeschützter Bereich mehr gegeben sei‚ und zwar weder unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens eines Einzeldenkmals‚ noch unter Ensemblegesichtspunkten. Die noch vorhandenen Einzeldenkmäler hätten keine Wirkung auf diesen Bereich mehr. Darüber hinaus sei das Gebäude des Klägers auch nicht erhaltensfähig‚ eine lediglich denkmalgerechte Instandsetzung des Gebäudes sei in wirtschaftlicher Hinsicht nicht zumutbar. Eine historische Struktur sei allenfalls noch hinsichtlich der Außenmauer überhaupt erkennbar. Im Inneren habe das Gebäude deutliche Umbauten und Veränderungen erfahren‚ vor allem aber sei der Bauzustand so‚ dass allenfalls noch geringe Restbestände des ehemals historischen Gebäudes erhalten bleiben könnten‚ wenn man lediglich eine Sanierung unter Denkmalschutzgesichtspunkten durchführe. Angesichts des massiven Schimmelbefalls auch der Außenwände sei bereits fraglich‚ inwieweit diese erhalten werden könnten‚ vor allem seien aber die Kosten‚ die dadurch entstünden, für den Kläger nicht tragbar. Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung belege dies überdeutlich. Die Erhaltung der historischen Holzbalkendecke sei nicht zumutbar, ebenso sei eine vollständige Neuerstellung des Dachtragwerks sowie des Balkons erforderlich. Im Hinblick auf die massive Schimmelbildung müsse auch der Außen- und Innenputz vollständig erneuert werden, da er mit bloßen Ausbesserungsmaßnahmen nicht zu beseitigen sei. Der Gutachter komme zu dem Ergebnis‚ dass bei einem Erhalt des Gebäudes mit einhergehender denkmalgeprägter Sanierung des Hauses Kosten entstehen würden‚ die aus den daraus erzielenden Einnahmen nicht gedeckt werden könnten.

Die Landesanwaltschaft Bayern unterstützt - ohne eigene Antragstellung - als Vertreter des öffentlichen Interesses den Antrag des Beklagten. Ihrer Ansicht nach sei das Anwesen Bestandteil des Ensembles S.-straße. Der Ensembleschutz zöge selbst dann eine Erlaubnispflichtigkeit einer Beseitigung des streitbefangenen Gebäudes gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1‚ Satz 3 DSchG nach sich‚ wenn ein für den Nähebereich des zur Beseitigung anstehenden Gebäudes relevantes Einzeldenkmal innerhalb des Ensembles nicht existiere. Ob ein Ensemble schutzwürdig sei‚ beurteile sich entscheidend danach, ob das Orts,- Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei. Dafür könne einzelnen Denkmälern zwar Indizwirkung zukommen‚ konstitutive Voraussetzung sei deren Existenz indes gerade nicht. Diese Rechtsauffassung überschreite die Wortlautgrenze von Art. 1 Abs. 3 DSchG nicht, stehe mit den Erwägungen des historischen Gesetzgebers in Einklang und sei nach dem Sinn und Zweck des Ensembleschutzes zudem auch geboten. Unter Berücksichtigung dieser Gesetzeslage habe der Landesdenkmalrat in der Folge in der 109. Sitzung vom 18. Juli 1983 beschlossen, in Ausnahmefällen positive Voten für Ensembleeintragungen nicht davon abhängig zu machen, dass sich im Ensemble zumindest ein Einzelbaudenkmal befinde. Dabei sei insbesondere an die Plansiedlungen des späten 19. und des 20. Jahrhunderts gedacht worden, deren Einzelbauten aufgrund der baulichen Qualität und Überlieferung in der Regel nicht die Bedeutungsschwelle eines Einzelbaudenkmals erreichen würden. Auch das streitgegenständliche Ensemble S.-straße sei im Übrigen Zeugnis eines planmäßigen Wiederaufbaus (nach dem Brand 1863), wobei hier - im Unterschied zu den genannten Plansiedlungen - ohnehin mehrere Einzelbaudenkmäler vorlägen. Beim Ensembleschutz komme es allein auf den Erhalt historischer Bausubstanz aufgrund der objektiven Bedeutung des Denkmals im Lichte der Tatbestandsmerkmale nach Art. 1 Abs. 1 DSchG an‚ während hingegen die Ortsbildpflege - unabhängig vom Vorhandensein historischer Bausubstanz oder geschichtlicher Zeugnisse - die Gestaltung eines ansprechenden‚ das ästhetische Empfinden der Bürger angenehm berührenden Erscheinungsbildes der bebauten Ortsteile sicherstellen wolle. Es komme nach dem Sinn und Zweck des Bayerischen Denkmalschutzrechts für den Ensembleschutz gerade nicht darauf an‚ ob und ggf. wie viele einzelne Baudenkmäler im Ensemble vorhanden seien. Der Denkmalwert eines Objekts sei nämlich auch dann zu bejahen‚ wenn sich die geschichtliche Bedeutung nicht unmittelbar aus sich selbst heraus visuell erschließe‚ es aber zusammen mit anderen Quellen einen optischen Eindruck von historisch bedeutsamen Gegebenheiten vermitteln könne. Dies lege schließlich auch der Dualismus der beiden alternativen Tatbestandsmerkmale in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 DSchG nahe‚ da die beiden Alternativen dieser Vorschrift („… wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.“) ebenfalls das so vertretene Normverständnis von Art. 1 Abs. 3 DSchG stützen würden. Im Hinblick auf die im streitgegenständlichen Ensemble vorhandenen fünf in die Denkmalliste aufgenommenen Einzelbaudenkmäler sowie die 35 weiteren Gebäude mit besonderer‚ den Aussagewert des Ensemble bestimmender Wirkung‚ komme es‚ da die vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zusätzlich postulierte „prägende Wirkung“ bzw. „Ausstrahlungswirkung“ der Einzeldenkmäler für das Ensemble im Bereich des streitgegenständlichen Gebäudes im Gesetz keine Stütze finde‚ entscheidend allein auf die Teilhabe des Gebäudes an einem erhaltenswerten optischen Gesamteindruck des Ensembles an. Die beiden zentral gelegenen Brunnen seien dabei bei der Bestimmung des Ensembleumfangs zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass das Denkmalschutzgesetz grundsätzlich auch Veränderungen an Einzelbaudenkmälern oder an Ensembles zulasse, ohne dass dies von vornherein zu einem Wegfall der Denkmaleigenschaft führen würde. Dieser grundsätzlichen „Offenheit“ des Denkmalschutzgesetzes für Veränderungen würde es widersprechen, wenn mit einem Wegfall der Denkmaleigenschaft eines zu einem Ensemble gehörenden Einzelbaudenkmals in jedem Fall zwingend die Ensembleeigenschaft entfallen würde, obwohl das historische Orts-, Platz- oder Straßenbild im Übrigen weiterhin erhaltungswürdig sei. Hier müsse in Ausnahmefällen der Erhalt der Ensembleeigenschaft möglich sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Wegen der beim Ortstermin am 21. April 2016 getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift mit der beigefügten Fotodokumentation verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, so dass über die hilfsweise gestellte Anschlussberufung des Klägers nicht zu entscheiden ist.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2009, mit dem die denkmalschutzrechtliche Abbruchgenehmigung für das Gebäude F.-straße ..., FlNr. 179, Gemarkung P., versagt wurde, zu Recht aufgehoben. Für die Beseitigung des Gebäudes ist eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht erforderlich. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem in die Denkmalliste eingetragenen Ensemble S.-straße (noch) um ein Ensemble nach Art. 1 Abs. 3 DSchG handelt (1.) ist jedenfalls das Gebiet im Bereich der F.-straße nicht (mehr) Teil des unterstellten Ensembles S.-straße (2.).

Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 DSchG bedarf der Erlaubnis, wer ein Ensemble verändern will, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die Funktion des Genehmigungserfordernisses als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erfordert dabei eine weite Auslegung des die Genehmigungspflicht auslösenden Tatbestands (OVG Berlin-Bbg, U. v. 21.2.2008 - 2 B 12.06 - BRS 73 Nr. 204; VGH BW, U. v. 27.6.2005 - 1 S 1674/04 - ÖffBauR 2005, 140). Ensembles genießen dabei den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler, ensembleprägende Bestandteile sollen grundsätzlich erhalten werden (BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - BayVBl 2008, 477). Der Schutzanspruch des Ensembles zielt insoweit allerdings stärker und vorrangiger auf das Erscheinungsbild, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, U. v. 3.1.2008 a. a. O.).

1. Nach den beim Ortstermin getroffenen Feststellungen hat der Senat erhebliche Zweifel an der Ensemblequalität des in der Denkmalliste nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter der Aktennummer... (vgl. http://www.geodaten.bayern.de/Bayernatlas-klassik) eingetragenen Ensembles S.-straße, das sich nach den Ausführungen in der Denkmalliste durch eine einheitliche Bauweise auszeichnet, mit der den brandschutztechnischen Anforderungen nach dem großen Flächenbrand von 1863 Rechnung getragen wurde.

1.1 Ausgangspunkt der Erwägungen ist Art. 1 Abs. 3 DSchG. Danach kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltungswürdig ist, wobei die Eintragung in die Denkmalliste dabei nur deklaratorische Bedeutung hat (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG). Zwar verlangt das Gesetz nicht, dass es sich um Gebäude mit den gleichen Stilmerkmalen handeln muss, da auch verschiedene, einander ausschließende, nicht abgeschlossene Planungen bzw. „willkürliche Zusammenhänge“ als Zeugnis früherer Entwicklungen zu einem erhaltenswerten Orts-, Platz- oder Straßenbild und damit zu einem Ensemble führen können (vgl. Eberl in Eberl/Martin/Spennemann, Bayer. Denkmalschutzgesetz, 7. Aufl. 2015, Art. 1 Rn. 54). Jedoch bedarf es eines festzustellenden Funktionszusammenhangs oder eines gemeinsamen Grundprinzips, um den Gebäuden einen sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort zu vermitteln (vgl. Martin in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 3. Aufl. 2010, Teil C Rn. 44).

Wie der Senat festgestellt hat, gibt es in dem in der Denkmalliste beschriebenen Gebiet, das neben der S.-straße auch die F.-straße, die R.-straße, die B...gasse und die ...-Straße umfasst, keine die Bauweise nach der Brandkatastrophe prägende Einzelbaudenkmäler. Denn unabhängig davon, ob der F.brunnen nach der dokumentierten baulichen Veränderung im Sockel noch ein (Einzel-)Denkmal darstellt (vgl. die Beschreibung in der Denkmalliste unter der Aktennummer ..., wonach das Denkmal die historisierende Bronzefigur des heiligen Florian auf hoher Mittelsäule inmitten eines Steinbeckens umfasst), stellen weder der F.brunnen sowie der A...brunnen, die in der Beschreibung des Ensembles S.-straße aufgeführt werden als besondere Akzentuierung des Straßenzugs S.-straße, noch die unter der Aktennummer ... aufgeführte neugotische Haustüre nach 1863 im Anwesen S.-straße ... das Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler dar. Auch die Anwesen B...gasse ... und ... die ebenfalls als Einzelbaudenkmäler unter der Aktennummer ... bzw. ... in die Denkmalliste eingetragen sind, vermögen das unterstellte Ensemble S.-straße nicht zu prägen. Die beiden Anwesen, die die landwirtschaftlichen Anwesen im Werdenfelser Land mit flachgeneigten, ehemals mit Holzschindeln gedeckten Dächern repräsentieren, sind Zeugnis der vor dem großen Brand Ende des 18. Jahrhunderts und in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts errichteten Bauernhäuser. Das gilt auch für das Gebäude S.-straße ..., das ebenfalls vor dem großen Brand errichtet wurde, im Übrigen aber wegen der Neuausführung von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss seinen Status als Einzelbaudenkmal verloren hat. Die Gebäude in der B.-straße stellen ersichtlich den Vorbestand vor dem großen Brand dar, repräsentieren aber nicht die Bedeutung der einheitlichen Bebauung nach dem großen Brand von 1863 in den genannten Straßenzügen. Wie im Berufungsverfahren festgestellt, sind nach den Ausführungen des Vertreters des Landesamts für Denkmalpflege keine weiteren Einzelbaudenkmäler zu verzeichnen, insbesondere ergab die Überprüfung der Anwesen R.-straße Nr. ... und S.-straße Nr. ... keine Einstufung als Einzelbaudenkmäler.

1.2 Fehlt es aber an Einzelbaudenkmälern, die den Charakter des Ensembles prägen, so kommt der Rechtsfrage, ob Gebäudemehrheiten, zu denen kein Einzelbaudenkmal (mehr) gehört, als Ensemble anzusehen sind, maßgebliche Bedeutung zu. Nach Auffassung des Senats setzt der Ensembleschutz das Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler voraus.

a) Ensembles stellen unzweifelhaft zentrale Bestandteile des Denkmalschutzgesetzes dar (Art. 1 Abs. 3 DSchG). Sie umfassen räumliche Gesamtheiten aus denkmalgeschützten Anlagen und Anlagen, die für sich genommen nicht als Denkmäler einzustufen sind, aber zusammen insgesamt ein erhaltungswürdiges Orts-, Platz- oder Straßenbild als Erscheinungsform tiefer liegender baulicher Qualitäten ergeben. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 DSchG beschreibt eine städtebauliche Situation, in der durch mehrere einzelne Gebäude, die nicht alle für sich Baudenkmäler sein müssen, eine Gesamtheit entstanden ist, die als Ganzes von geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher, wissenschaftlicher oder volkskundlicher Bedeutung ist (vgl. BayOblG, B. v. 25.3.1993 - 3 ObOWi 17/93 - NVwZ 1994, 828). Obwohl dafür der optische Eindruck der Gesamtheit, also das ganzheitliche Erscheinungsbild, entscheidend ist, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht auf das Vorliegen von das Ensemble prägenden Einzelbaudenkmälern verzichtet werden, da sich der Gesamteindruck auf die Mehrheit von Anlagen in einem Ensemble und das öffentliche Erhaltungsinteresse bezieht. Zudem formuliert Art. 1 Abs. 3 DSchG im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 DSchG und der Fiktion in Art. 1 Abs. 2 Satz 3 DSchG, dass Ensembles zu den Baudenkmälern gehören können. Auch diese Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 2 DSchG spricht für die Annahme, dass in einem Ensemble eine nennenswerte Anzahl von Baudenkmälern nach Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 DSchG (sog. Einzelbaudenkmäler) vorhanden sein müssen. Gebäudemehrheiten, zu denen kein Einzelbaudenkmal mehr gehört, können zwar aus Gründen der Ortsbildpflege erhaltenswert sein, sie sind aber keine Ensemble mehr, und zwar selbst dann nicht, wenn sie unter Beachtung eines historischen Stadt-, Platz- oder Straßengrundrisses errichtet wurden (vgl. dazu Martin in Martin/Krautzberger, a. a. O. Rn. 49; Eberl in Eberl/Martin/Spennemann, a. a. O. Art. 1 Rn. 54, 54a, 56). Dieses am Wortlaut orientierte Verständnis findet sich auch in der Rechtsprechung wieder (vgl. BayOblG, B. v. 25.3.1993 a. a. O.; BayVGH, B. v. 22.1.2014 - 1 ZB 11.2164 - juris Rn. 3; B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris, Rn. 3; B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 5; U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - a. a. O.; U. v. 3.8.2000 - 2 B 97.1119 - juris Rn. 18; BVerwG, U. v. 22.2.1980 - IV C 44.76 - juris Rn. 17, das zwar im Zusammenhang mit dem ortsrechtlichen Verbot zur Lichtreklame steht, aber zum Indiz des Ensembleschutzes für die Einheitlichkeit der historischen Altstadt ausführt und es dabei genügen hat lassen, dass die Altstadt von einigen künstlerisch wertvollen Gebäuden geprägt wird und insgesamt den Charakter einer mittelalterlichen Stadt bewahrt hat; BayVGH, B. v. 9.12.2011 - 15 ZB 09.3143 - juris Rn. 12, der ebenfalls im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung für eine Werbeanlage auf das vorstehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nimmt).

b) Dagegen überzeugt das Argument des Beklagten, dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 DSchG könne nicht zwingend entnommen werden, dass mindestens eine der zu einem Ensemble gehörenden baulichen Anlagen ein Einzeldenkmal sein müsse, vielmehr nur erforderlich sei, dass das Orts-, Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei, im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen unter Buchst. a) nicht. Gleichermaßen ist der von dem Beklagten weiter gezogene Rückschluss auf eine in der 109. Sitzung des Landesdenkmalrats vom 18. Juli 1983 getroffene Entscheidung, in Ausnahmefällen positive Voten für Ensembleeintragungen nicht davon abhängig zu machen, dass sich im Ensemble zumindest ein Einzelbaudenkmal befindet, was ein Beleg für die weite Auslegung des Art. 1 Abs. 3 DSchG sei, nicht überzeugend. Unabhängig von der Stellung des Landesdenkmalrats nach Art. 14 DSchG zeigt auch die Formulierung „in Ausnahmefällen“, dass in einem Ensemble notwendigerweise zumindest ein Einzelbaudenkmal vorhanden sein muss und der Ensembleschutz nicht von Anfang an als selbstständige Kategorie neben dem Schutz von Einzelbaudenkmälern verstanden wurde. Bereits in den Empfehlungen vom 19. April 1977 im Zusammenhang mit Baumaßnahmen (IMS Nr. II B 4-9130-22, veröffentlicht in Simon/Busse Anhang 422) führt der Landesdenkmalrat zu den charakteristischen Merkmalen eines Ensembles unter Nr. 1.1.1 „Städtebauliche Struktur“ aus, dass dazu u. a. auch das Straßenschema, die Viertelsbildung, die Maßstäblichkeit der Bebauung sowie das Verhältnis der Baumassen zueinander, zu herausragenden Baudenkmälern und Blickpunkten und zu charakteristischen Vegetationsbereichen zählen und stellt damit ersichtlich darauf ab, dass in einem Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler vorhanden sein müssen.

c) Eine Auslegung des Art. 1 Abs. 3 DSchG, wonach bauliche Anlagen als Gesamtheit (im Sinn von „nicht jede für sich“) erhaltungswürdig sind, kann aber auch nicht der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs-7/2033 vom 14.2.1972, Seite 9) entnommen werden. Darin wird wie folgt zu Art. 1 Abs. 2 DSchG (jetzt Art. 1 Abs. 3 DSchG) ausgeführt: „(...) Im Einklang mit den in vielen europäischen Ländern zu beobachtenden Bestrebungen des Denkmalschutzes, nicht nur einzelne Gebäude zu erhalten, die gelegentlich inmitten von lauter modernen Neubauten wie Fremdkörper wirken können, sondern durch Erhaltung von Häusergruppen, von Straßenzügen und Plätzen ein besseres Abbild der Geschichte zu geben, legt Art. 1 Abs. 2 fest, dass auch eine Mehrheit von Gebäuden ein Baudenkmal sein kann (Ensembleschutz). Baudenkmal ist hier nicht oder jedenfalls nicht nur ein einzelnes Gebäude, sondern ein Platz oder eine Straße. (…)“. Anhaltspunkte dafür, dass der angestrebten Unterschutzstellung von Häusergruppen, Straßenzügen und Plätzen - unabhängig von der Frage, wie viele Einzelbaudenkmäler in einem Ensemble vorhanden sein müssen - ein gänzlicher Verzicht auf das Vorhandensein eines Einzelbaudenkmals entnommen werden könnten, liegen nicht vor.

d) Die von dem Beklagten in den Blick genommen Auslegung orientiert sich vielmehr an der in anderen Bundesländern aufgrund von anderslautenden Gesetzesbestimmungen festgelegten Unterschutzstellung von Siedlungen ohne herausragendes Einzeldenkmal als Ensemble (vgl. dazu Eberl in Eberl/Martin/Spennemann, a. a. O. Art. 1 Rn. 54, 54a, 56 m. w. N. sowie die Formulierungen in § 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 19 DSchG Baden-Württemberg, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Brandenburg, § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG Hamburg, § 2 Abs. 3 Satz 1 DSchG Mecklenburg-Vorpommern, § 3 Abs. 3 Satz 1 DSchG Niedersachsen, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 5 DSchG Rheinland-Pfalz, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Saarland, § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 21 DSchG Sachsen und § 2 Abs. 3 Nr. 3 DSchG Schleswig-Holstein). Von dieser Möglichkeit ausdrücklich zu bestimmen, dass ein Emsemble auch dann vorliegt, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt, hat der bayerische Gesetzgeber bislang keinen Gebrauch gemacht.

Dem steht nach Auffassung des Senats auch nicht die vom Oberverwaltungsgericht Hamburg in der Entscheidung vom 16. Mai 2007 (2 Bf 298/02 - NVwZ-RR 2008, 300) zu § 2 Nr. 2 DSchG vom 3. Dezember 1973 (HbgGVBl S. 466) i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 25. Juni 1997 (HbgGVBl S. 267) vorgenommene Auslegung entgegen, wonach die geschichtliche Bedeutung eines Ensembles nicht voraussetze, dass zumindest einem seiner Bestandteile für sich genommen diese Eigenschaft zuerkannt werden könne. Nach dieser Vorschrift werden als Denkmäler (auch) Mehrheiten von unbeweglichen Sachen geschützt, zusammen mit ihrem Zubehör und ihren Ausstattungen und den mit ihnen verbundenen Garten- und Parkanlagen (Ensemble), zu denen auch städtebauliche Einheiten, insbesondere kennzeichnende Straßen-, Platz- und Quartiersbilder gehören können, wobei nicht erforderlich ist, dass jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt. Unabhängig davon, dass bereits die Formulierung in § 2 Nr. 2 DSchG i. d. F. vom 3. Dezember 1973 abweichend von der Formulierung im Bayer. Denkmalschutzrecht in Art. 1 Abs. 3 DSchG darauf abstellt, dass gerade nicht (mindestens) ein Denkmal vorhanden sein muss, stellt das Gericht in seiner Entscheidung zutreffend auf die (mit den Bayer. Denkmalschutzrecht nicht vergleichbare) Historie des Hamburger Denkmalschutzgesetzes ab, indem es ausführt, dass die Ursprungsfassung des § 2 DSchG i. d. F. vom 3. Dezember 1973 weder diese noch eine vergleichbare Formulierung enthielte und nach der Begründung des damaligen Gesetzesentwurfs (Bü-Drs. VII/2883 Seite 9) die Unterschutzstellung von Gebäudegruppen und Gesamtanlagen unabhängig davon sei, ob sich unbewegliche Denkmäler darin befänden. Mit der durch das Gesetz zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 25. Juni 1997 bewirkten Neugliederung der Gegenstände des Denkmalschutzes in § 2 DSchG habe der Gesetzgeber eine Orientierung an der Systematik und den Begriffsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, eine Vereinfachung der Definitionen und eine Vermeidung zuvor aufgetretener Abgrenzungsschwierigkeiten bezweckt. Anhaltspunkte dafür, dass zugleich die Voraussetzungen für den Ensembleschutz verschärft hätten werden sollen, seien den Materialien nicht zu entnehmen (vgl. OVG Hamburg, U. v. 16.5.2007 a. a. O.). Damit verbunden ist ausweislich des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes i. d. F. vom 5. April 2013 die nunmehr geltende Formulierung in § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG, wonach ein Ensemble ein Mehrheit baulicher Anlagen (…) ist, und zwar auch dann, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt.

e) Ferner ist nach Auffassung des Senats auch in den Blick zu nehmen, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG - der mit Wirkung vom 1. August 2003 in das Denkmalschutzgesetz eingefügt wurde (vgl. GVBl S. 475) - die Erlaubnispflicht einer Veränderung baulicher Anlagen, die für sich genommen kein Baudenkmal sind, davon abhängt, dass die Veränderung sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 3). Diese Regelung dient zwar der Verwaltungsvereinfachung und sollte insbesondere für Nicht-Baudenkmäler in Ensembles die bis dahin grundsätzlich auch bei baulichen Änderungen im Inneren dieser Gebäude bestehende Genehmigungsbedürftigkeit entfallen lassen, sie lässt im Übrigen aber die Genehmigungsbedürftigkeit im Ensemble unverändert (vgl. LT-Drs. 14/12042 S. 4). Das Erscheinungsbild des Ensembles wird aber durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 DSchG), das wiederum nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen wie Fronten und/oder Giebeln besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. Eberl in Eberl/Martin/Spennemann a. a. O. Art. 1 Rn. 61). Auch das spricht gewichtig dafür, dass das Anliegen des Denkmalschutzes, die Substanz der Objekte zu erhalten, nur dann zu rechtfertigen ist, wenn Einzelbaudenkmäler das Ensemble als Ganzes maßgeblich prägen.

Diese vom Senat für zutreffend gehaltene Auslegung des Art. 1 Abs. 3 DSchG orientiert sich schließlich auch an dem vom Gesetzgeber in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG angeordneten Substanzschutz, der in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 103 BV zu bringen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Denkmalschutz einen hohen Stellenwert eingeräumt, zugleich aber eine ausreichende Berücksichtigung der Eigentümerbelange gefordert (vgl. BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226). Die Lösung von Konfliktfällen erfolgt im Erlaubnisverfahren anhand der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Danach kann die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Zwar gilt die Regelung ihrem Wortlaut nach nur für die auf einzelne Baudenkmäler bezogenen Fälle des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 DSchG, doch ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber auch für den in dieser Regelung nicht genannten Fall der Erlaubnis zur Ensembleveränderung ebenfalls eine Versagungsmöglichkeit vorsehen wollte (vgl. dazu BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 5). Wäre es Absicht des Gesetzgebers gewesen, das Bestehen eines Ensembles auch ohne ein Einzelbaudenkmal anzunehmen, hätte es nahegelegen, in Art. 6 Abs. 2 DSchG eine gesonderte Regelung für die Veränderung eines Gebäudes, das selbst kein Baudenkmal ist, jedoch Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Ensembles hat (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG), vorzusehen, um eine unverhältnismäßige Belastung der Eigentümer von Nicht-Baudenkmälern zu vermeiden, die aus der pauschalen Forderung nach Substanzerhaltung resultieren kann.

2. Letztlich kann aber die Ensemblequalität des Gebiets im streitgegenständlichen Verfahren dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist die F.-straße, in der sich das Gebäude des Klägers befindet, ersichtlich nicht (mehr) Teil des Ensembles S.-straße, dessen Schutzbedürftigkeit nach Art. 1 Abs. 3 DSChG zugunsten des Beklagten unterstellt wird. Der beabsichtigte Abbruch des Gebäudes bedarf daher keiner Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 DSchG.

2.1 Das Gebäude F.-straße ... erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen, die es selbst zu einem Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG qualifizieren würden.

2.2 Darüber hinaus ist das Gebäude auch - unabhängig von der vorliegend unter Nr. 1. thematisierten Rechtsfrage - nicht Teil des unterstellten Ensembles S.-straße. Insoweit fehlt es im Bereich der F.-straße ersichtlich an ausreichender historischer Bausubstanz, die das unterstellte Ensemble prägen könnte. Das Verwaltungsgericht ist somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass im maßgeblichen Bereich der F.-straße ein denkmalgeschütztes Ensemble nicht mehr vorliegt. Dabei hat es angesichts des flächenmäßig großen Ensembles S.-straße zutreffend für die Beurteilung der denkmalschützerischen Aspekte auf den Nahbereich um das klägerische Anwesen und damit auf die F.-straße abgestellt (vgl. BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris Rn. 3; U. v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris 31).

Ohne dass es dabei auf die vom Verwaltungsgericht angeführte fehlende Prägung der F.-straße durch die Einzelbaudenkmäler B...gasse ... und ... ankommt, da die Tatsache, dass insoweit kein Blickkontakt besteht, grundsätzlich den historischen Bezug des Gebäudes zum Ensemble und seine Funktion für dieses nicht entfallen lässt (vgl. BayVGH, U. v. 3.8.2000 - 2 B 97.1119 - juris Rn. 19), ist nach den vom Senat im Ortstermin gewonnenen Erkenntnissen im Bereich der F.-straße keine historische Bausubstanz mehr vorhanden, die das Ensemble prägen könnte. Ein insoweit erhaltungswürdiges Ort-, Platz- oder Straßenbild als ein Zeugnis geschichtlicher Ereignisse ist im Bereich der F.-straße nicht mehr vorhanden.

Ein Einzelbaudenkmal ist im Bereich der F.-straße selbst nicht vorhanden. Auch im Übrigen ist die F.-straße, in der zwar einzelne historische Bauten saniert wurden (vgl. Niederschrift vom 21. April 2014 - Hausnummern ... und ...), im Gegensatz zu den Bereichen ...t...-Straße, B...gasse sowie R.-straße, die durchgehend noch historische Bausubstanz aufweisen, maßgeblich geprägt von Neubauten (vgl. Niederschrift vom 21. April 2014 - Hausnummern ... und die Nebengebäude gegenüber Nr. ...) bzw. von einem sanierten historischen Bau direkt neben dem Gebäude des Klägers, der sich insbesondere aufgrund der erkennbaren Erhöhung des Kniestocks nicht von einem Neubau unterscheidet (vgl. Niederschrift vom 21. April 2014 - Hausnummer ...). Auch der Blick in die F.-straße aus westlicher Sicht vom F.platz aus ist geprägt durch den Neubau R.-straße ... sowie die Gebäude F.-straße ... und ..., die - im Gegensatz zu den sonstigen giebelständigen Gebäuden in der F.-straße - traufseitig errichtet sind. Auch die Neubauten in dem Bereich R.-straße ... und ..., die zwar jenseits des F.bachs stehen, die F.-straße jedoch wesentlich prägen, stehen nur teilweise giebelständig zur F.-straße hin, wie das für die historische Bauweise kennzeichnend ist.

Da jedenfalls im Bereich der F.-straße keine ausreichende historische Bausubstanz mehr vorhanden ist, kommt es ungeachtet der vom Beklagten nicht zu beanstandenden Zielrichtung, im Ensemble - im Gegensatz zu der bisherigen Handhabung - möglichst alle relevanten Gebäude mit historischer Substanz zu erhalten, für den Fortbestand des unterstellten Ensembles S.-straße nicht mehr auf den Erhalt des streitgegenständlichen Gebäudes des Klägers an.

3. Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob das Gebäude des Klägers erhaltungsfähig ist und ob nach Sanierung eine sinnvolle und wirtschaftlich vertretbare Nutzung möglich ist. Auch über die Anschlussberufung des Klägers ist nicht zu entscheiden, weil sie nur für den Fall erhoben worden ist, dass für den Abbruch eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, weil sein Rechtmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Senat geht in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung von einem Streitwert in Höhe von 10.000 Euro aus (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG).

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.